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führen möchten. Es ist nicht unangebracht, liier ausdrücklich zu bemerken, daß gerade die am
meisten charakteristischen Arbeiten Schieies nicht im Besitz von Kunsthändlern sind, sondern das
treu behütete Eigentum bürgerlichen Sammelgeistes darstellen, der durch die lange Tradition
erbgesessener pratrizischer Kultur gegangen ist und stets sich der einen Aufgabe bewußt blieb,
die eigene Zeit zu verstehen und eine feine Witterung zu haben für jene hoffnungsvollen Kräfte,
die sich erst noch durchringen müssen. Und nicht ein wurzelloser Snobismus, nicht eine notdürftig
verdeckte Terminspekulation mit künstlerischen Werten ist es, was Sammler und Werk miteinander
verbindet, sondern die lebendigste und persönlichste Anteilnahme am Schaffen des Künstlers und
das edelste Interesse an seinem Schicksal und seiner Entwicklung. Was alle Schaffenden des
Wiener Vormärz (und noch später bis zur merkantilen Invasion) so freudig empfunden haben: das
tiefe Verständnis im Kreise von Gleichgesinnten, das ist auch heute noch nicht vollständig erstorben.
Mancher müßte elend verderben, müßte in grauenhafter Einsamkeit an sich und seiner Mission irre
werden, wenn ihm nicht ab und zu das verständnisvolle Echo seiner in die Welt gerufenen Worte
voll Dankbarkeit zurückkäme. Daß die Kunst unserer Tage bei tiefen und mit der Zeit eng
verbundenen Menschen so innige Anteilnahme auslösen kann, ist eine Bürgschaft für die Zukunft,
ist der lebendige Tatsachenbeweis dafür, daß eine Brücke vorhanden ist zwischen dem modernen
Kunstwerk und den Genießenden. Und jeder wird sie gerne beschreiten, der seine Zeit bei all ihrer
Problematik und ideellen Unausgeglichenheit liebt und sie und ihre künstlerischen Zeugen ver-
stehen will.

Leopold Liegler.
 
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