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FRAGONARD UND ROBERT
IN IHRER RÖMISCHEN STUDIENZEIT.

Honore Fragonard und Hubert Robert hatten in ihren Anlagen wenig Gemeinsames. Trotzdem
standen sich beide während der kurzen, aber wichtigen Periode ihres ersten römischen Aufenthaltes
in ihrer Kunst so nahe, daß es heute schwer fällt, ihre zu jener Zeit entstandenen Werke vonein-
ander zu unterscheiden. In folgenden Zeilen sei der Gegensatz in dem Schaffen der beiden Künstler
dargelegt und die Vorbedingungen aufgewiesen, unter deren günstigem Einfluß sich ihr Stil rasch
und in der gleichen Richtung entfalten konnte. Kür unsere Zeit, die an der Zerrissenheit des modernen
Lebens leidet, ergibt sich dabei das nachahmenswerte Bild einer vergangenen Periode, die ihre
Kräfte zu konzentrieren verstand, um dem Fähigen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Durch
den Kontakt, den die Akademien mit den großen künstlerischen Problemen unterhielten, blieben sie
davor bewahrt, Stätten einer kleinlichen Interessenpolitik zu werden. Wie die Zustände an der
römischen Akademie von der Mitte des XVIII. Jahrhunderts beweisen, ist es dabei nicht notwendig,
daß die Lehrer zugleich große Künstler sind. Um so wichtiger wird es sein, daß dieselben mit den
bedeutendsten Männern ihrer Zeit in Verbindung stehen und daß sich das allgemeine Interesse auf
ihre Lehrtätigkeit richtet.

Das glückliche Zusammenwirken der verschiedensten Kräfte wird sich in der folgenden Dar-
stellung bei einer Anzahl von Persönlichkeiten zeigen, die wir für unsere eigene Zeit als vorbildliche
Typen hinnehmen können. Neben dem reichen Grandseigneur, der junge Künstler auf seine Kosten
mit auf Reisen nimmt, steht der ebenfalls hochgestellte Directeur des bätiments, der mit der obersten
Verwaltung aller Kunstangelegenheiten betraut ist und doch die Zeit findet, mittels einer fleißig
geführten Korrespondenz sich um die einzelnen Schüler zu kümmern. Unterstützt wird er von dem
Sekretär der Akademie in Paris, einem sowohl als Lehrer wie Künstler bedeutenden Fachmann, der
nicht nur die Leistungen der Pensionäre der römischen Akademie kritisch prüft, sondern auch auf
die Tätigkeit des Direktors von Einfluß ist. Letzterer, wenn auch als Mensch und Künstler un-
bedeutend, vermag doch die in Praxis und Theorie klar ausgeprägte künstlerische Bildung der Zeit
den Schülern zu übermitteln. Weiterhin gesellt sich der Amateur und Kunstliebhaber dazu, der den
Malern zum Freund und Gefährten wird, ihre Hoffnungen durch das eigene Zutrauen belebt und sie
zu großen Leistungen anspornt. Auch unsere Zeit wird hier und da idealgesinnte Männer dieser
Art aufweisen. Aber wo finden wir sie von gemeinsamen Ideen bewegt, zusammen an der Förderung
junger Künstler tätig?

Die französische Akademie in Rom hatte unter Ch. A. Poerson schon zu Beginn des XVIII. Jahr-
hunderts eine den Verhältnissen der Pariser Akademie parallele Entwicklung zur größeren Freiheit
genommen. Dort hatte Coypel den Gegensatz zur Vergangenheit mit den Worten formuliert, es wäre
gefährlich, anstatt durch den natürlichen Eindruck eines Werkes, sich durch eine Methode rühren
zu lassen und die Gefühle zu unterdrücken, die die Natur in uns gelegt habe.1 Das neue Programm

i A. Fontaine, Les doctrines d'art en France. Paris 1909, 107.

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