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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Zoege von Manteuffel, Kurt: Alfred Rethels letzte Holzschnittzeichnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0039
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als einen rein künstlerischen, als eine Sammlung die für alle Zeiten den Standpunkt der heutigen
Kunst in ihren würdigsten Repräsentanten bezeugen soll. Das Haßische Blatt würde streng ge-
nommen kaum dazu eignen aber da es in seiner Art manche Reize hat, ud da ich auch möglichst
verschiedene Seiten repräsentiren wollte, so möchte ich es nicht gern fortlassen.

Mit dem innigsten Wunsch daß Sie meiner, wie früher, wohlwollend gedenken, ud daß Ihnen
d. Erfüllung meines Anliegens baldigst möglich sei empfiehlt sich

ergebenst

HBürkner

Diesem Brief muß eine Unterredung mit Rethel, der den Sommer 1852 in Dresden bei seinen
Schwiegereltern verbrachte, vorangegangen sein. Bürkner hat in dieser Unterredung offenbar
den Wunsch ausgesprochen, für eine von ihm geplante Sammlung von Holzschnitten einen
Beitrag zu erhalten, und wohl schon eine vorläufige Zusage erlangt. Denn am 4. Juli antwortet
Rethel:2

Lieber Herr Bürkner

Ihrem Wunsche folgend, habe ich sogleich unter meinen Compositionen eine ausgewählt, die,
wie ich hoffe, Ihrem Zweck entsprechen, und Ihnen zusagen wird. Ich konnte Sie Ihnen aber
nicht eher zusenden, weil ich sie erst ganz von neuem zeichnen und ausführen mußte, da
die ursprüngliche Composition um Vieles größer war, als die beiden Blätter von Schnorr und
Haße.

Der Gegenstand, den ich wählte, wird Ihnen wie ich hoffe recht sein, da er mir Ihrem Zweck
zu entsprechen scheint. Er ist ganz originell, und umfaßt eine Zeit, und Personen, die die ge-
bildete Welt vornehmlich, ansprechen werden. Es ist nämlich eine Scene aus „den Fröschen des
Aristophanes", der uns in die Unterwelt führt, wo der alte Aeschylos auf dem dramatischen
Thron sitzt. Ihm naht Euripides mit allen seinen Anhängern, welche ihn eben vom Thron stoßen
wollen, um ihren Gefeierten darauf zu setzen, als von der andern Seite Sophokles kommt, vor
dem auch sie Achtung haben, und erwarten, er werde zu ihnen treten und ihnen helfen. Dieser
aber im Gegentheil knieet vor dem Äschylos nieder und legt ihm seinen Lorbeerkranz zu Füßen,
als dem ersten, dem solche Auszeichnung gebührt. —

Ich glaube, diese ganze Scene, wie der Aristophanes beschreibt, ist auch auf die jetzige Zeit
passend, deren künstlerische Richtung in der Ausführung, und dem Geschmack bei dem größeren
Theil des Publikums, sich von dem Alten Ehrwürdigen entfernt, und einer nicht immer ganz
tiefen gediegenen Modernität huldigt.

Wenn Sie mit mir einverstanden sind, so bitte ich Sie, mir einen Holzstock in der Größe der
Zeichnung zu besorgen, damit ich sie bald darauf übertragen kann, und meinem Boten zu sagen,
wann ich denselben von Ihnen kann holen lassen.
Mit freundlichem Gruß empfiehlt sich

Ihr

Alfr. Rethel

Bürkner ist allerdings von dem Entwurf, der ihm zugeht, etwas enttäuscht, da er eine Dar-
stellung ähnlich den so erfolgreichen Totentanzszenen oder eine aus dem 1842—44 entstandenen
Hannibalszug erhofft hatte, gibt sich aber zufrieden, indem er am 11. Juli schreibt:3

2 Brief in der Landesbibliothek zu Dresden, Autographensammlung Marie Bürkner. Geschrieben von Relhels
Frau Marie und von Rethel unterschrieben. Oktavbogen mit dem Monogramm M R. Auf Seite 4 die Adresse:
Herren Hugo Bürkner Wlg. — Ein nur in einzelnen Worten abweichender Entwurf zu diesem Brief, ebenfalls
von der Hand Marie Bethels, i. d. Sammlung Sohn-Rethel in Düsseldorf. Oktavbogen, nur Seite 1 und 2 beschrieben.

3 Brief in der Sammlung Sohn-Bethel in Düsseldorf. Oktavbogen, nur Seite 1 und 2 beschrieben. Entwurf
zur ersten Hälfte dieses Briefes in Bleistift auf der dritten Seile des Retheisehen Briefes an Bürkner vom

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