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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Zoege von Manteuffel, Kurt: Alfred Rethels letzte Holzschnittzeichnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0040
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Lieber Hr. Rethel!

Ich muß sehr um Entschuldigung bitten, daß ich auf die Zusendung Ihrer schönen Zeichnung
noch keine Nachricht von mir gab, allein die Anwesenheit meines Schwiegervaters, ud zufällig
drängende Geschäfte haben mich daran gehindert. Wenn ich auch nicht leugnen mag, daß mir
eine Todtentanzszene, mit denen Sie ja im Holzschnitt so eigenthümliche Epoche machten,
oder auch ein Blatt aus dem Hanibal als Gegenstand fast lieber wäre, so sehe ich doch ein, daß
es Ihnen nicht leicht möglich sein wird aus einer Folge Einzelnes zu entnehmen und ich begebe
mich um so eher meines Wunsches, als Gegenstand ud Darstellung des vorliegenden Blattes
voller Interesse ist, und eine tiefe künstlerische Entwicklung zuläßt.

Ich habe so eben auch vom Kaulbach durch den Dr. Eggers (Redact. des Kunstblattes) die
bestimmte Zusage einer Zeichnung für meinen Zweck erhalten, ud zwar will auch er eine Scene
aus dem antiken Leben behandeln. Ein Blatt seines projectirten ud schon entworfenen Todten-
tanzes dafür zu bestimmen konnte er sich,in Hinblick auf die von Ihnen zu publicirenden Blätter,
nicht entschließen. Zugleich erhielt ich beiliegendes Gedicht des Dr. Eggers, der vorigen Herbst
bei Kaulbach Ihre Todtentanzblätter mit der größten Bewunderung sah, mit der Bitte das Selbe
Ihnen mit dem Ausdruck seiner hohen Verehrung mitzutheilen, welcher angenehmen Pflicht
ich mich hierdurch mit besondrem Vergnügen entledige. Er schreibt, daß man sich in einem
Kreis junger Dichter den Gegenstand als Aufgabe gestellt habe, ud daß das seinige sich des Bei-
falls der Freunde zu erfreuen gehabt hätte. Daß er so genau Ihren Empfindungen ud Intensionen
nachgefühlt hat, muß Ihnen in der That Freude machen! —

Das Holz ist in Arbeit, wird in 3 Tagen ungefähr fertig sein, ud soll Ihnen danach sofort
zukommen.

Mit größter Hochachtung grüßt ud empfiehlt sich

ergebenst Ihr

HBürkner

Bestätigung der aus diesem Briefwechsel zu entnehmenden Daten über die Entstehung der
Aristophaneskomposition ergeben ein Brief Rethels an seine Mutter vom 5. Juli 1852, in dem
die Stelle vorkommt:4 „Ich habe in meiner Kunst auch mehreres entworfen und vollendet . . .
— dann eine Composition für eine Ausgabe in Holzschnitt . . ." und ein Briefschluß, den seine
Frau einem liegengebliebenen Brief an den Bruder Otto Rethel vom 4. August zwei Tage
später, also am 6. August, anfügt und in dem die Stelle vorkommt:5 ,,er ist jetzt . . . noch so
sehr beschäftigt mit Carton [zur Taufe Wittekinds] und Holzstock, daß ihm wirklich sehr
wenig Zeit im Tage zu andren Sachen übrig bleibt, und ich es darum übernommen habe, diesen
Brief zu schließen u abzusenden. Von dem Carton hat er schon erzählt, aber von dem Holz-
stock wissen Sie glaube ich, noch nichts. Es ist eine frühere Composition, u zwar die drei alten
griechischen Dichter in der Unterwelt, die er jetzt im Auftrage Bürkner's, der eine Holzschnitt-
Sammlung von den jetzt lebenden Künstlern herausgeben will, auf Holz ausführt, und die jetzt
ihrer Vollendung entgegen geht. Beides soll aber noch in diesem Monat fertig werden, . . .".

4. 7. 1852. — Die Bemerkung Kaulbachs über die „zu publicirenden Blätter" Bethels bezieht sich auf die
beiden Todesbilder von 1851, die erst im September 1852 in den Handel kamen. — Der Brief von Dr. Eggers
an Bürkner mit dem Datum 4. Juli 1852 und das erwähnte Gedicht befinden sich in der Landesbibliothek
zu Dresden, Autographensammlung Marie Bürkner. Ebenda auch die Korrespondenz mit mehreren anderen
Künstlern, die Bürkner um Beiträge gebeten hatte.

4 Brief in der Sammlung Sohn-Bethel in Düsseldorf, Nr. 84. Oktavbogen mit dem Monogramm M B. Seite 1
von Bethels Frau, Seite 2—4 von Bethel geschrieben.

5 Brief ebenda, Nr. 85. Oktavbogen mit dem Monogramm M B. Bethels Schreiben bricht auf Seile 4 oben
ab und ist von seiner Frau zu Ende geführt.

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