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Stellung des Interesses, die den alten Ruhm des Meisters in Frage stellte,
um seinem Namen zugleich einen neuen Glanz zu verleihen.

Diese veränderte Einschätzung tritt in der neueren Cranach-Literatur
überall zutage. Vor allem mehren sich die Aufsätze und Schriften, die
sich mit der Frühzeit des Meisters beschäftigen, glückliche Entdeckungen
bereichern das Bild einer bisher unbekannten Epoche seines Schaffens,
und von verschiedenen Seiten wird das Problem seiner Herkunft und der
Entstehung seiner Kunst zu deuten unternommen. Auch die große
Cranach-Ausstellung, die im Jahre 1899 in Dresden veranstaltet wurde,
hatte im wesentlichen die Klärung dieser kunsthistorischen Fragen zur
Aufgabe, und die Literatur, die sie im Gefolge hatte, beschäftigt sich
wesentlich mit ihnen, während die Produktion der Spätzeit gleichsam
als eine bekannte Größe vorausgesetzt wird. Das Hauptwerk, das im
Anschluß an die Ausstellung erschien, Flechsigs „Cranach-Studien", ist
überhaupt nur diesen Problemen der Forschung gewidmet und macht
in der Mitte des Weges halt, nachdem es den Versuch unternommen
hat, auf Grund einer stilkritischen Beweisführung die Tätigkeit Cranachs
auf die ersten zwei Jahrzehnte der gesamten Produktion zu beschränken
und für die nächstfolgende Zeit den nur durch historische Überlieferung
bekannten Sohn Hans in die Rechte des Vaters einzusetzen.

Im ganzen muß gesagt werden, daß die Cranach-Ausstellung und
Flechsigs inhaltreiches Werk der Forschung nicht denjenigen Antrieb
gegeben haben, den man hätte erhoffen mögen. Die Fragen waren auf
ein falsches Gleis geschoben, und die Diskussion, die bis dahin so leb-
haft gewesen war, verstummte nun wieder ganz. Es sind seither nur
kleine Schriften über den Meister erschienen. Muther behandelte ihn
in seiner gewohnten Art in einem Bändchen, das dem Künstler Cranach
kaum gerecht zu werden sich bemüht. Heyck gab ein Referat ohne den
Versuch kritischer Sichtung oder eigener Durchdringung des Stoffes.
Worringer schrieb einen geistreichen Essay, der die Gesamterscheinung
der Cranachschen Kunst gleichsam aus der Vogelperspektive zu deuten
unternimmt.

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