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den gesicherten Werken Cranachs, daß ein ernstlicher Zweifel an der
Richtigkeit der Zuschreibung nicht zu bestehen vermag. Es schließen
sich dieser Gruppe endlich zwei Altarflügel mit den heiligen Valentin
und Franziskus an. Die derben, in großen Flächen breit mit dem Pinsel
modellierten Köpfe der Heiligen erinnern an den in Holz geschnittenen
Stephan, der etwa zur selben Zeit entstanden sein mag. Die landschaft-
liche Begleitung tritt raumbildend und stimmunggebend ein in den
kompositioneilen Zusammenhang. Schlingpflanzen gleich wuchert das
spätgotisch krause Goldschmiedewerk des Bischofstabes, ähnlich dem
aus lebendigen Zweigen geflochtenen Heiligenschein des Stephanus.
Als Reste eines größeren Altarwerkes, das gewiß noch auf österreichi-
schem Boden entstand, sind die beiden Tafeln doppelt wertvoll, ein Hin-
weis auf vieles Verlorene und manches vielleicht noch Verborgene,
dessen Entdeckung unsere Vorstellung von dem frühen Schaffen
Lukas Cranachs zu bereichern vermöchte.

In allen Werken jener Jahre überrascht gleichermaßen die starke
Originalität und eigenwüchsige Kraft. Es wäre ein aussichtsloses Be-
mühen, aus fremden Einflüssen die Kunst des jugendlichen Cranach
herleiten zu wollen. Er muß selbst zu den Meistern gerechnet werden,
die einen neuen Stil begründen. In sich gefestigt und seines Wollens
gewiß zog er um das Ende des Jahrhunderts donauaufwärts. Das Rüst-
zeug seiner Kunst lag wohlgeordnet, als er seine Lehrzeit in Bayern
beendet hatte. Rasch erwarb er Ruf und Ansehen in seinem neuen
Wirkungskreise. Wunderdinge wurden von dem Maler Lukas Cranach
erzählt. Es heißt in einer Lobschrift, die im Jahre 1509 im Druck er-
schien, er habe in Österreich Trauben auf einen Tisch gemalt, die so
täuschend naturähnlich gewesen seien, daß eine Elster herangeflogen sei,
um danach zu picken. Man braucht eine solche Anekdote gewiß nicht
allzu ernst zu nehmen, aber zwei Hinweise enthält sie doch, die nicht
übersehen werden dürfen, den einen auf ein Stoffgebiet, von dem nur
wenig Spuren erhalten blieben, den anderen auf den frühen Ruhm
des jugendlichen Meisters. Die Erzählung ist eine Mahnung mehr,

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