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Glatz, Karl Jordan [Editor]
Chronik des Bickenklosters zu Villingen: 1238 bis 1614 — Stuttgart, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.6273#0013
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4

sie zur äbtissin gewählt wurde l. Die wahrend ihres gebetes auf
dem gottesacker zu Valdunen um Offenbarung der todesstunde ge-
hörte stimme von oben, dass sie. nicht in "Valdunen sterben, son-
dern nach Villingen kommen werde, sowie die den göttlichen willen
symbolisch erklärende vision der rosenstauden von weißer und rother
färbe, welche in der blüthe vor ihren äugen weggestäubt wurden 2,
geben uns den fingerzeig, woher Ursula schon in Eeute ihre my-
stische bildung genossen, nemlich aus den Schriften des seligen Suso.
Die große liebe zu der „göttlichen ewigen Weisheit" , welche sie
nicht blos aufs gewissenhafteste selbst übte, sondern auch ihren
geistigen töchtern anempfahl 3, da sie „ihren liebhabern jugend und
tagend, adei und reichthum, ehre und vortheil, große gewalt und
einen ewigen namen verleiht", konnte sie wol aus dem geiste keines
anderen meisters der mystik geschöpft haben, als aus dem Heinrich Su-
sos4. Zum öfteren wird Ursula im gebete und dem beschaulichen leben
von dieser erde entrückt. In diesen entrückungen genießt sie eben so
oft Visionen und Offenbarungen des göttlichen kindes und seiner
mutter Maria, sowie der büßerin Maria Magdalena; hält in demuths-
vollster seelenfassung Zwiegespräche mit denselben und erhält durch
sie neue lehren, anweisungen und erklärungen des göttlichen willens B.
Zweimal wendet Ursula durch inbrünstiges gebet zur gottesmutter die
schrecklichsten wetter von der stadt Villingen ab e. Alle diese ge-
heimnisvollen Vorgänge im Seelenleben der Ursula lassen die in-
nigste geistesverwandtschaft mit Suso voraussetzen. Über dieser
hohen pflege des beschaulichen lebens vergaß die begabte äbtis-
sin das übende leben in keiner weise. Nach der reinigung der seele
von den Sünden durch eine generalbeicht, schließt Ursula gleich Hein-
rich Suso sich selbst und ihre geistigen töchter von dem Umgang mit
der weit nicht blos körperlich, sondern hauptsächlich geistig ab und
bindet das leben der seele an die zelle, kapelle und in den chor 7.
Darum erwirbt sie mit vielen kosten und ungelegenheiteu, wie zu
gleicher zeit die Schwestern zu St. Katharina in Augsburg, vom hei-
ligen stul die Stationen von Jerusalem samt den sieben kirchen zu
Korn und allen gnadengabeu. Die Verehrung dieser heiligen statten

*

1 Kapitel 8. 2 Kapitel 9. 3 Kapitel 17. 4 Heinrich Susos
Leben und Schriften herausgegeben von Dlepenbrook. Regensburg 1829.
5 Kap. 19, 30 — 41. ü Kap. 19. 7 Kap. 18, 25, 32.
 
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