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Glatz, Karl Jordan [Hrsg.]
Chronik des Bickenklosters zu Villingen: 1238 bis 1614 — Stuttgart, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.6273#0049
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standen. Und wan sie etwan herte, das die jungen frauen mit ihren
stimen disonierten, köndt sie solches in kein weg leiden, wie wol sie
in wehrenten gotts dienst nichst meltet zue verhietung aller distraction
und verwirung. Aber nach mitagessen berüeft sie solche sämtlich in
die conuentstuhen, da müesten sie mit lauter, heller stim singen, dar-
umb das sie lerneten die stimen recht richten, [17b] guete, rechte
wort ussprechen und wol concordieren. Nit weniger hette dise unser
liebste und seelige muetter große liebe und andacht zue dem gött-
lichen wort, wol wissen, was geschriben steht Math, am 4. „Der
mensch lebt nit allein von dem brott, sonder auch von einem iedlichen
wort, das da usgeht von dem mundt gottes." Darum, was sie lehrte
mit den worten, das erzeigt sie auch in den werken. Weil sie die
jungen schwesterlin ermahnet, lieb zue haben das göttliche wort, war
sie selbs diejenige, deren gaist gleichsam mit honig begossen war,
wan sie herte die göttlich lehr und bredigen. Sie ermahnet zu sol-
chem gar vil mal mit sonderlichem eüfer die jungen frawen, das sie
groß ufraerken hetten in den bredigen und solche wort nit von dem
menschen, sondern us dem mund gottes solten anheren und annemen.
Darumb wolt sie haben, dass die jungen die bredigen, so sie hörten,
von wort zue1 wort ufschriben, so vil imer iedes nach seinem ver-
standt fassen möchte, und wan sie solches beschriben hette, bies sie
ihr für dragen, durchlasse die selbigen mit großem fleiß und ver-
bessert ihnen, was sie gefeit oder usgelassen hetten. Und solches ver-
brachte sie mit solchem müetterlichem herzen, mit sanfter, güetiger
stim und allezeit mit demüetigen, frelichem angesicht, dass sich die
jungen alle zeit zue ir freuten, und wurden so begürig uf ein ander,
dass iedes wolte das erst und das fleüßigst sein. Und welche sie dan
vermörkte zum begürlichsten zue sein, der selben gab sie etwan ein
andechtigs biltlin oder rotte sonderbar mit ir zue ihrem gaistlichen
drost und fortgang des gaistlichen lebens, welches dan nit nur den
jungen, sonder allen ins gemain ein große freut und gaistliche ergöz-
likait war. Derhalben die andechtige muetter vil mal mit ihnen
so gar süeßigklich und anmüetig redte, dass sie alle dardurch ermun-
tert wurden und begürig zue iebung aller dugenten. Sie vergaßen
auch ihrer armuet und alles ellents und sezten sich zue zeiten rund
herum, dass die selige muetter ganz umrungen war, hörten der selbigen
hailige wort recht als uß dem munt gottes. Dan sie hetten sich
ganz ergeben und folgten ihrer lehr alle zeit, die weil sie mit deg-
 
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