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nottwendiger weiss sein, dass die zwey vorgeschribne stuck in dem
menschen volkomen werden, darumb mues er im durch sich selbst
nichst erwöllen noch fürsözen. Hie geht es der natur au die grüste
nüth, und dis ist das wort, so hcüt nacht zue dir gesprochen ist Wor-
ten: „Gott ist leben und gott ist dott in den seinigeu." Und dis
bettest du noch nit verstanden. Mörk, in disem stuck des willens
ist änderst nichst, dau streiten und fechten in dem ineren und ußeren
menschen, in geist und natur , dau iedwedes zeucht dem seinigen zue
und wil keins nachgeben; und dises gedreng mueß nottwendig sein,
darumb heist es ein strütt und erwirbt großen lohn. Aber es bedarf
eines Stetten ufmerkens, dass des würk dem willen in allen dingen
gleich sey, und doch der will ufergeben und in mir gelassen und ver-
lassen bleibe. Das vüerte werk kombt us bestendigkeit. Xun merk,
dass nichst bestendigs ist, allein das ewig, und nichst ewig wirt oder
ist, es sey dan dem zergenklichen aller dings abgestorben. Und also
schwebt der mensch ob im selbert und allen erschaffuen dingen, und
was sich in disem menschen erzegt und offenbaret, das ist lauter gott
und nicht änderst. Darumb hab ich zue meinem vatter gesprochen:
„Vatter, verkler mich mit der klarheit, die ich hett bei dir, ehe die
weit erschaffen wer." Dan in disem menschen wirt ich mit warheit er-
klert, und mir entfallen alle nameu von abgrundt meiner allmäehtig-
lceit. Wan ich mich dem geist erzeige in der warheit, wie ich dir zue-
vor gesagt hab, dan nent mich der mensch vatter und ich den menschen
kind, dan das ist ein kindlich wörk, dass mir der mensch klage, was
man im thuet und im laits ge[51a]schicht uf erten. Und in solchem
mueß ich spülen mit des menschen seel, ie eins nach dem andern, gleich
als ein vatter mit seinem kind, bis dass ich die seel bringe uf ihr Selb-
sten und sie mir ganz vereinige. Darumben gib ich mir selbsten so
vilerley namen. Dan heißt sie mich vatter, dan brueter. dan gemahel,
dan liebe, wie dan deren underschüttlich vil zue finden seiu in der
heiligen geschrift. Und das thue ich darumb, dass ich mich der seel
ganz empfenklich mache. Und dises heist recht der liebe spül; dan
zuelöst gibt sich mir die seel ganz und gar mit verwegnem willen, dass
ich mich in ir erklären mag nach meinem wolgefallen."' Mit disem
gesprech wurde die süeße muetter inigklich getrost und gestörkt. und
entet sich die gnadreich erzeigung. Amen.
nottwendiger weiss sein, dass die zwey vorgeschribne stuck in dem
menschen volkomen werden, darumb mues er im durch sich selbst
nichst erwöllen noch fürsözen. Hie geht es der natur au die grüste
nüth, und dis ist das wort, so hcüt nacht zue dir gesprochen ist Wor-
ten: „Gott ist leben und gott ist dott in den seinigeu." Und dis
bettest du noch nit verstanden. Mörk, in disem stuck des willens
ist änderst nichst, dau streiten und fechten in dem ineren und ußeren
menschen, in geist und natur , dau iedwedes zeucht dem seinigen zue
und wil keins nachgeben; und dises gedreng mueß nottwendig sein,
darumb heist es ein strütt und erwirbt großen lohn. Aber es bedarf
eines Stetten ufmerkens, dass des würk dem willen in allen dingen
gleich sey, und doch der will ufergeben und in mir gelassen und ver-
lassen bleibe. Das vüerte werk kombt us bestendigkeit. Xun merk,
dass nichst bestendigs ist, allein das ewig, und nichst ewig wirt oder
ist, es sey dan dem zergenklichen aller dings abgestorben. Und also
schwebt der mensch ob im selbert und allen erschaffuen dingen, und
was sich in disem menschen erzegt und offenbaret, das ist lauter gott
und nicht änderst. Darumb hab ich zue meinem vatter gesprochen:
„Vatter, verkler mich mit der klarheit, die ich hett bei dir, ehe die
weit erschaffen wer." Dan in disem menschen wirt ich mit warheit er-
klert, und mir entfallen alle nameu von abgrundt meiner allmäehtig-
lceit. Wan ich mich dem geist erzeige in der warheit, wie ich dir zue-
vor gesagt hab, dan nent mich der mensch vatter und ich den menschen
kind, dan das ist ein kindlich wörk, dass mir der mensch klage, was
man im thuet und im laits ge[51a]schicht uf erten. Und in solchem
mueß ich spülen mit des menschen seel, ie eins nach dem andern, gleich
als ein vatter mit seinem kind, bis dass ich die seel bringe uf ihr Selb-
sten und sie mir ganz vereinige. Darumben gib ich mir selbsten so
vilerley namen. Dan heißt sie mich vatter, dan brueter. dan gemahel,
dan liebe, wie dan deren underschüttlich vil zue finden seiu in der
heiligen geschrift. Und das thue ich darumb, dass ich mich der seel
ganz empfenklich mache. Und dises heist recht der liebe spül; dan
zuelöst gibt sich mir die seel ganz und gar mit verwegnem willen, dass
ich mich in ir erklären mag nach meinem wolgefallen."' Mit disem
gesprech wurde die süeße muetter inigklich getrost und gestörkt. und
entet sich die gnadreich erzeigung. Amen.