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Glatz, Karl Jordan [Hrsg.]
Chronik des Bickenklosters zu Villingen: 1238 bis 1614 — Stuttgart, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.6273#0151
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großen bedauren solches nürgent geschriben find oder finden kan, was
sich sonderbar möcht zne gedragen haben, und docli wol zue eracliten,
solches wirdig wer zue beschreiben, mueß ich solches dem erkenner
aller herzen heimsüzen, und finde mehr nit, als ich hernach verzeich-
nen wil.

[I]n dem j[a]hr nach der geburt Christi unsers herren und
seeligmachers 1498 ist die selige muetter angriffen und haimgesucht
worden mit ihrer lösten krankheit, wie woll sie nit lang zue bött ge-
legen ist, sonder, als sie vermerkte ihren lösten dag dises sterblichen
lebens, beruefte sie alle ihr saur erarnete gaistliche kinder zue ihrem
böttlin, gnadet ihnen müetterlich und Frölich ab und gab ihnen zue /
einem geistlichen valete dise lehr: „Allerliebste, gaistliche kinder, ich.
eur unwirdige muetter, wirdt lenger bey eüch nit zue leben haben, be-
filch eüch die behaltnus eurer hailigen regel und geistliche ortnung,
liebe und frütt under ein ander zue haben, gehorsame und ehr gegen
euren vorgesözten und alten. Vor allen dingen liabent fleiß, liebe und
unverdrossnen eüffer zue dem göttlichen dienst, bey dag und nacht,
und lassent eüch mein seel nach eirem usgang befolhen sein. Befilch
eüch in den göttlichen schuz und schirm."

[A]ls sie solches gerött, erhöhte sich ein unußsprechliches wainen
und clagen under allen ihren lieben kindern. Ja, sie verinainten alle,
ihre herzen miesten ihnen zerspringen, wan sie ihrer liebsten muotter
gegenwertigkeit beraubt müesten sein, klagten solches mit vi] erbarm-
klichen Worten. Sonderlich sagten sie: „0 allerliebste muetter, es ist
uns nit möglich, eüch zue vergraben oder die begröbtnus zue halten
nach unserm brauch und ortnung, das mir nit auch zuegleich mit eüch
sterben.'' Aber die mitleidige muotter dröstet ihre wainente kinder
mit sanften Worten und sprach: „Allerliebste kinder, gott ist alles
möglich, der wirdt schon eüre herzen regüren, das ihr nach dem uß-
gang meiner seel nit vil zeher mer werdent vergüeßen, sonder alle
Sachen, zue begröbtnus gehörig, ruebig und andechtig köndent Vol-
bringen." Solches kam ihnen unmöglich vor und ist inen doch also
begegnet. Dan in ihrer vergrabung und zue allen Sachen, so ihr nach-
gehalten worden, sein ihnen ihre äugen so drucken bliben und der
bruuen der zeher ist ganz eingedrucknet worden, das keine durehuß
einigen zeher nimer vergüeßen hat könden. Wölches ihnen zuevor ge-
sagt ist worden, das haben sie hernach [61a] erfahren im werk. Ist
doch wol zue gedenken, das ihre herzen wol gewainet werden haben,
 
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