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Glatz, Karl Jordan [Editor]
Chronik des Bickenklosters zu Villingen: 1238 bis 1614 — Stuttgart, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.6273#0029
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liebreichen herzens war sie, dass solches mir zue beschriben unmöglich
ist. Zue selbiger zeit gei'üel es gott, dass etliche trauen [7b] schwer-
lich haim gesuocht waren mit mancher abscheilicher krankhait, fir-
nemlich aber mit dem kreps, wölche krankheit einen besondern ab-
scheilichen und unleidenlichen geschmack an ir hat und fast erblich,
mit welchen dises sorgfeltige und unmüeßigc imlin großes mitleiden
druge, darumb sie selbige vil mal haim suechte. Wo ihr inier ein
zeitlein möcht werden wegen anderer us gehorsam uferlegten ge-
scherten , als bald eilet sie der krankenstuben zue mit solcher be-
giert, als ein verwunder hiirz zum küelen brunen. Dan ir gröste er-
güzlicbeit war, denselben zue dienen. Ja sie undcrlies vilmal an
gebett und betrachtung und lufl'e disen kranken trauen zue, diente
ihnen mit verwunderlicher frölicheit und demuet, ohne einige ent-
sözung oder abscheüen. Sie machet inen das böttlin, sie verbünd
ihnen die Schoden, wuesch und seüberte sie mit solcher lieblicher
gestalt, das man augenscheinlich an ir spüren kund, dass ihr seel und
gemüet in solchen diensten sonderbare crgözlicheit bete. Andere
gesunde trauen wollte ihr solches uß lieb wören, dan sie förchten,
sie villeicht auch möchte erkranken. Gegen denen entschultiget
sie sich mit w^enig, aber demüetigen worden, davon sie vergnüegt
waren und lüeßen sie in ihren tugentlichen Übung fort faren. Dar-
umb aber disse andechtige liebhaberin Criste kaine ihrer mitschwe-
steren betriebte, weil sie solches nit alle zeit gern sahen, dass sie
also den kranken dienete, erdachte sie einen anderen hailigen
lüst, bracht ihrem leib den schlaff ab, stund von ihrem stroböttlin
uf, güenge zue den kranken, weschte ihnen oft umb mütternacht
alles nach ihrer notturit und liebreicher barmherzigkeit. In
solchen schenen dugenten iebte sich disse andechtige dienerin Cristi
mit großem fleiß, ernst und stillem munt, dan ihres rodens gar
wenig, und was sie rödte, geschach mit solcher freündlichait und lieb-
reicher gestalt, das sie menigklich ihrer conversacion erfreüle. In
allen dugenten war sie die empsigiste und geschwindeste, und ist mir
unmiglich, ir tugentreich, andechtiges und abgesdiaidens leben ge-
nuogsam uf das papier zue bringen. Darum beiilch ichs dem geber
[8a] aller dugenten, der wirt ihr solches wol reichlich widerumb ver-
gelten und vergolten haben in dem ewigen leben.
 
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