Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Glatz, Karl Jordan [Hrsg.]
Chronik des Bickenklosters zu Villingen: 1238 bis 1614 — Stuttgart, 1881

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6273#0061
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
52

habent nit allein seinen bluetigen schwais, sonder auch sein lierte
gefengnus, sein hin- und widerfüeren für Annain, Cayphan und aller
orten, also mögent ir in disser anderen zeel Bit allein sehen sein
creüzigung und soudlich auch sein gaislung, crenung und andere pein
und marter. Und darumb heis ich eüch lang bleiben in der zeel des
olbergs, dan in dem olgarten war Christus gefangen, und wie wol er
vil und große marter schonst auch erlütten hat da am olberg und
an anderen orten die ganze nacht, noch danoch was das geschrey in
der ganzen statt allein von der gefenknus, und lüffen man und weib,
jung und alt durch alle gassen der statt und schrüen mit großen
freüteh: „Jesus von Nazareth ist gefangen". Sie schweigten alles
anders leiden, schmach und gespött, und sagten allein von der ge-
fengnus. Da aber der morgen kam, und sie in für Pilatum stölten,
da merkte alles volle wol, das man in tödten wolt, und rüefen aber
durch die gassen: „Mari will Jesuin von Nazareth creüzigen." Und
darumb, sobald ir disse möhr vernement, so saument eüch nit, sonder
laufent vor hin uf den berg Caluarie, da [23b] dan dis ales geschehen
sol, und leget eüch under das fenster, da werdent ir sehen den herren
Jesum kamen us der statt Jerusalem under der schweren bürde des
creüzes gegen dem hohen berg Caluaria gehn. Da erspieglent eüch
wol und gnueg in seinem verschwollnen, verwunden, zerschlagnen, ver-
speütnen, güetigen, ellenten angesicht, das solches wol in euer herz
gehütet wert. Sehentauch an seinen ellenten fueßdrütt, seine haiße
zeher, sein oninaehtige noth, sein seüfzent, sterbentes herz und sein
willige gehorsame bis in den dott des creüzes. Mit disein zuesehen
werden euere herzen entzint werden in treuen mitleüden und herz-
licher begürt, mit im genaglet zue werden an das creüz der gehorsame,
daran mit im zue verharren bis in den dott. Wan aber der herr ver-
schaiden ist und ir sein liebst muetter, die in gröster betriebnus ist,
beklagt habent, so mögent ir hernach wol gehn in die drütte zeel
[I]n der drütten zeel sollent ir 1 inwonen von mittag bis gegen dem
abent, und dise zeel ist gehauen uf dem drütten gesegneten berg Tabof.
In derselben lustigen zeel mögent ihr eüch recht wol ermayen bis
in die fünsteie nacht, dan die zeel hat zway fenster; das erst
sieht über sich in das himlische Jerusalem und in die gottheit, das
ander ienster sieht herab in das jamerthal und in das fegfeür. Und

1 ir felilt in dor hs.
 
Annotationen