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EINFÜHRUNG
ι
Man könnte auf grob empirische Art die verschiedenen philo-
sophischen Systeme in zwei Gruppen ordnen.
Die eine Gruppe beschäftigt sich damit, nach Möglichkeit zu er-
forschen, woraus die Welt im allgemeinen und woraus der Mensch
im besonderen gemacht ist, die andere erforscht, was der Mensch
selbst aus sich macht oder zu machen bestrebt ist und was er aus
der Welt macht oder machen könnte oder sollte.
Zu letzterer Gruppe gehören jene Denker, die sich mit den so-
genannten ästhetischen Fragen und mit jeder Art von Idealismus
beschäftigen.
Ein merkwürdiger Irrtum liegt in der Annahme, daß diese Denker
nichts mit den Wirklichkeiten des Lebens zu tun haben und daß
ihr Idealismus die praktischen Lösungen verschmähe.
In Wahrheit ist es aber die Aufgabe des Idealismus, eine prak-
tische Lösung aller Lebensfragen zu suchen, zu erforschen, was der
Mensch aus sich und seiner Umwelt machen kann und zu ermitteln,
welcher Hilfe er zu dieser Eigenschöpfung bedarf.
Manchen ästhetischen Richtungen, die solche Zwecke verfolgen,
läßt sich im allgemeinen vorwerfen, daß ihre Träger vor Stolz
über die von ihnen entdeckte und gelehrte Schöpferkraft des Men-
schen Alles von dieser Schöpferkraft allein verlangen, die andere
unbekannte Schöpfermacht, aus der jene des Menschen geheimnis-
voll entsteigt, zu sehr außer acht lassen und vor dem verbor-
genen Urborn des Daseins nicht immer genug Scheu und Ehrfurcht
bezeugen.
So spotteten die Götter höherer Ordnung in germanischer Sage
der Vorweltriesen, so jauchzten die jungen Olympier über den Fall
der alten, dennoch nie ganz besiegten Titanen.
Manche philosophische Schule verfährt wie diese Götter jüngerer,
doch höherer Ordnung und glaubt an ein Bändigen oder wenig-
stens an ein Klären der Kräfte.
Wie unsere eigene Erde und vielleicht gleich ihr noch andere
Sterne im Weltraum zuerst die scheußlichsten Ausgeburten hervor-
Schönheit 1 1
 
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