Die Seele der schönheitsergebenen Menschen gleicht einem aristo-
kratisch regierten Staat, wo die Besten und Erlesenen zu bestimmen
haben, die häßliche Seele gleicht einem demagogisch regierten Staat
(auch eine Monarchie kann demagogisch regiert werden), wo die
Gemeinsten das große Wort führen, der Vernünftige und Edle nichts
zu sagen hat.
Chaos und Unordnung sind immer häßlich, das Schöne strebt nach
Form und ist allein imstande, sie zu schaffen.
Das Gute ist im Schönen inbegriffen, es hängt davon ab, denn was
vom Schönen losgerissen gut genannt wird, ist Trug und Schein.
Die Seele muß dem Leib, ihrem Gefährten, gegenüber mit freund-
lichem Mitleid verfahren wie mit einem unvernünftigen Kind, das
allein seinen Lust- und Unlustgefühlen gehorcht.
Mit Freimut betrachtet sie selbst dieses Spiel von Lust und Unlust,
denn das Wichtige bleibt ihr die Wiederkehr zur Heimat, deren
Heimweh ihr das Schöne gab.
Im Wesen der Schönheit liegt, sich mitteilen zu wollen, sich schenken
zu müssen.
So erblickte — nach der von der plotinischen Philosophie über-
nommenen Sage — Dionysos in der Materie sein eigenes schönes Bild
und schenkte es ihr. So erzeugt Sophia, die Schönheit der Weis-
heit und die Weisheit der Schönheit, die von Anfang bestehende
mystische Freundin der Menschheit, ihr Bild im Stofflichen, in der
Achamoth und dieses spiegelt sich wieder in deren Sohn, dem
Demiurgos, der die Dinge für unsere Zeitlichkeit erschafft.
Diese Welt ist ein sich stets abbildendes Bild: Um zu schaffen,
blickt die Natur auf das Schöne und das Begrenzte, das mit dem
Guten in einer Reihe liegt. Das Unbegrenzte ist häßlich — wie
Spinoza und Schiller in späterer Zeit von neuem erkennen. —-Die
irdische Schönheit ist Wirkung und Widerspiel der reinen Schön-
heitsidee.
Ihre Wirkung, ihr Wiederspiel erzeugen Sehnsucht und führen den
Weisen zum Vordringen, zur Selbstentwicklung absoluter Substanz.
Der Augenblick äußerster Seligkeit bei zeitlicher Vermählung, der
alles übrige Leben überhöht, ist der Schönheit wenigstens von ferne
untertan.
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kratisch regierten Staat, wo die Besten und Erlesenen zu bestimmen
haben, die häßliche Seele gleicht einem demagogisch regierten Staat
(auch eine Monarchie kann demagogisch regiert werden), wo die
Gemeinsten das große Wort führen, der Vernünftige und Edle nichts
zu sagen hat.
Chaos und Unordnung sind immer häßlich, das Schöne strebt nach
Form und ist allein imstande, sie zu schaffen.
Das Gute ist im Schönen inbegriffen, es hängt davon ab, denn was
vom Schönen losgerissen gut genannt wird, ist Trug und Schein.
Die Seele muß dem Leib, ihrem Gefährten, gegenüber mit freund-
lichem Mitleid verfahren wie mit einem unvernünftigen Kind, das
allein seinen Lust- und Unlustgefühlen gehorcht.
Mit Freimut betrachtet sie selbst dieses Spiel von Lust und Unlust,
denn das Wichtige bleibt ihr die Wiederkehr zur Heimat, deren
Heimweh ihr das Schöne gab.
Im Wesen der Schönheit liegt, sich mitteilen zu wollen, sich schenken
zu müssen.
So erblickte — nach der von der plotinischen Philosophie über-
nommenen Sage — Dionysos in der Materie sein eigenes schönes Bild
und schenkte es ihr. So erzeugt Sophia, die Schönheit der Weis-
heit und die Weisheit der Schönheit, die von Anfang bestehende
mystische Freundin der Menschheit, ihr Bild im Stofflichen, in der
Achamoth und dieses spiegelt sich wieder in deren Sohn, dem
Demiurgos, der die Dinge für unsere Zeitlichkeit erschafft.
Diese Welt ist ein sich stets abbildendes Bild: Um zu schaffen,
blickt die Natur auf das Schöne und das Begrenzte, das mit dem
Guten in einer Reihe liegt. Das Unbegrenzte ist häßlich — wie
Spinoza und Schiller in späterer Zeit von neuem erkennen. —-Die
irdische Schönheit ist Wirkung und Widerspiel der reinen Schön-
heitsidee.
Ihre Wirkung, ihr Wiederspiel erzeugen Sehnsucht und führen den
Weisen zum Vordringen, zur Selbstentwicklung absoluter Substanz.
Der Augenblick äußerster Seligkeit bei zeitlicher Vermählung, der
alles übrige Leben überhöht, ist der Schönheit wenigstens von ferne
untertan.
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