alters, ja sogar während der Renaissance und bis zum heutigen Tag
eine liebenswürdige Entschuldigung oder Rechtfertigung der kunst-
frohen, schönheitsdurstigen Menschen, die sich des sogenannten rein
sinnlichen Wohlgefallens ein wenig schämten, aber Schönheitsfreude
als notwendig betonten zur Versüßung der herberen geistigen und
ethischen Disziplin.
Unergründet blieb das Gesetz des ästhetischen Empfindens.
Seine Wandelbarkeit, die reiche Spiegelung seiner unzähligen Fa-
cetten je nach dem Licht, das verschiedene Zeiten und Tempera-
mente daraufwerfen, wirkt oft erstaunlich, immer lehrreich auf den
Beobachter.
Die verschiedenen Ansichten über die Kunstschönheit, deren Be-
rechtigung, Wertung und Wirkung bilden nur einen Teil, eine
Strahlenbrechung in diesem bunten Lichterspiel.
Daraus, daß man sie von dem übrigen Empfinden, Denken und
Handeln abtrennte und einzeln unter das Seziermesser nahm, statt
die ästhetische Sehnsucht als allgemeines, alldurchdringendes, all-
durchwärmendes Lebensprinzip anzuerkennen, wie es namentlich
Platon und Plotin wollten, entstanden die vielen Widersprüche, das
Unbefriedigende gelehrter Spekulationen.
Plotins reiche Gedankenwelt, seine Schönheitslehre, die sich auf
wissenschaftlicher Erkenntnis aufbaut, erhielt sich durch die Jahr-
hunderte wie der Tropfen einer wunderbaren Essenz. Wir finden
seinen Duft wieder bei jenen Kirchenvätern und Mystikern, die
sich der vergröberten Auffassung des Christentums widersetzten, bei
Augustin, Clemens von Alexandria, bei Thomas von Aquino, wir
erkennen ihn bei großen Häretikern, Märtyrern edler Häresien.
Giordano Bruno bringt plotinische Gedanken in den eroici furori.
Der Neuplatonismus der Renaissance nährt sich an dieser Quelle,
Leibnitz schöpft daraus, dann Goethe und Shelley, schließlich Schopen-
hauer, Nietzsche, Herbart, Eduard von Hartmann.
Weshalb blieb aber diese große Glückseligkeitslehre stets auf kleinen
Kreis beschränkt, weshalb wurde sie, wenn sie in geschlossenen
Sekten auftrat, grausam verfolgt und weshalb erlag und erliegt sie
immer wieder blutend, vom Spott und Widerwillen verschiedenster
Feinde gesteinigt?
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eine liebenswürdige Entschuldigung oder Rechtfertigung der kunst-
frohen, schönheitsdurstigen Menschen, die sich des sogenannten rein
sinnlichen Wohlgefallens ein wenig schämten, aber Schönheitsfreude
als notwendig betonten zur Versüßung der herberen geistigen und
ethischen Disziplin.
Unergründet blieb das Gesetz des ästhetischen Empfindens.
Seine Wandelbarkeit, die reiche Spiegelung seiner unzähligen Fa-
cetten je nach dem Licht, das verschiedene Zeiten und Tempera-
mente daraufwerfen, wirkt oft erstaunlich, immer lehrreich auf den
Beobachter.
Die verschiedenen Ansichten über die Kunstschönheit, deren Be-
rechtigung, Wertung und Wirkung bilden nur einen Teil, eine
Strahlenbrechung in diesem bunten Lichterspiel.
Daraus, daß man sie von dem übrigen Empfinden, Denken und
Handeln abtrennte und einzeln unter das Seziermesser nahm, statt
die ästhetische Sehnsucht als allgemeines, alldurchdringendes, all-
durchwärmendes Lebensprinzip anzuerkennen, wie es namentlich
Platon und Plotin wollten, entstanden die vielen Widersprüche, das
Unbefriedigende gelehrter Spekulationen.
Plotins reiche Gedankenwelt, seine Schönheitslehre, die sich auf
wissenschaftlicher Erkenntnis aufbaut, erhielt sich durch die Jahr-
hunderte wie der Tropfen einer wunderbaren Essenz. Wir finden
seinen Duft wieder bei jenen Kirchenvätern und Mystikern, die
sich der vergröberten Auffassung des Christentums widersetzten, bei
Augustin, Clemens von Alexandria, bei Thomas von Aquino, wir
erkennen ihn bei großen Häretikern, Märtyrern edler Häresien.
Giordano Bruno bringt plotinische Gedanken in den eroici furori.
Der Neuplatonismus der Renaissance nährt sich an dieser Quelle,
Leibnitz schöpft daraus, dann Goethe und Shelley, schließlich Schopen-
hauer, Nietzsche, Herbart, Eduard von Hartmann.
Weshalb blieb aber diese große Glückseligkeitslehre stets auf kleinen
Kreis beschränkt, weshalb wurde sie, wenn sie in geschlossenen
Sekten auftrat, grausam verfolgt und weshalb erlag und erliegt sie
immer wieder blutend, vom Spott und Widerwillen verschiedenster
Feinde gesteinigt?
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