Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Diese Ansicht vertraten in der Neuzeit rationalistische Denker, so der
Geschichtsphilosoph Buckle, als er in seiner Geschichte der eng-
lischen Zivilisation behauptete, alles Schlimme käme von Mangel
an Erkenntnis, von Torheit her und nicht etwa von moralischer
Schwäche.
Wer wird aber selbst die höchsten und schönsten Tugenden für
erstrebenswert halten, wenn sie nicht Freude bringen? Weisheit,
Mäßigkeit, Mut und Gerechtigkeit gewähren inneren Frieden, ge-
winnen die Achtung der Zeitgenossen und halten die Furcht von
der Seele fern. Das ist die Überzeugung Ciceros und der ihm
verwandten Geister.
Das Römertum hat sich nicht nur mit Ernst griechische Schönheits-
lehre, besonders die ihm am besten zusagende praktische Richtung
des Aristoteles zu eigen gemacht.
Es entwickelte ein selbständiges, bedeutsames Ideal, indem es die
Schönheit der republikanischen Tugend, der bürgerlichen Tugend
als höchstes erstrebenswertes Ziel aufstellte.
Engherzige, mechanisierte Bürgertugend hatte Platon verächtlich
zurückgewiesen, indem er jene, die sie übten, in der Seelenwande-
rung zu den staatenbildenden Insekten verbannte und sie in Bienen
oder Ameisen verwandeln ließ.
Das römische Ideal der republikanischen Tugend geht über die
staatenbildenden Insekten hinaus.
Es verlangt stolze Männlichkeit. Das Männliche ist recht eigent-
lich sein Ideal.
Opferwilligkeit der Stadt, dem Staat gegenüber, dessen Leben zum
eigenen Leben unbedingt gehört, ist sein Gebot. Man denke an die
berühmte Fabel des Menenius Agrippa. Aber auch selbstverständ-
licher Freimut gehört dazu, pflichteigenes Denken und Handeln.
Nach diesem ästhetischen Ideal wäre es eines Mannes unwert, sich
stumpf und dumpf gängeln zu lassen. Vernünftige Heimatliebe ver-
bietet Unselbständigkeit des Einzelnen. Männlicher Heimatstolz
läßt einen trägen Autoritätsglauben als weibisch, sklavisch und
durchaus unwürdig erscheinen.
Roms Schönheitsideal wird fest in die Erde gerammt und breit baut
man darauf mit Felsenquadern.
42
 
Annotationen