Der eigentliche Raub und Mord, den zeitliche Gewalt ausübt, besteht
darin, daß sie unsere besten Seelenkräfte lähmt. Ihrem Widerstand,
ihrer Häßlichkeit Hohn sprechend, gewinnt der Mensch die Freiheit,
die zu unvergänglicher Schönheit führt. Das ist der Sinn von
Giordano Brunos Flammentod. Seine Peiniger waren genau die-
selben wie jene, die mehr als tausend Jahre früher, Kreaturen der
Finsternis und der Pein, der Dummheit und dem Schein untertan,
die Schönheitsbekennerin Hypatia zu Tode marterten. Sie konnten
nicht anders als Licht und Freude zu hassen.
Gesteinigt und an den Pfahl geschlagen wurde die Menschheit immer
wieder, wie diese Heroen des Menschentums, denn die Freiheit der
Persönlichkeit würde jede äußere Gewalt unnötig machen und alle,
die davon leben und zehren, allmählich ducken und vernichten.
XXI
Eine mehr nüchterne neuartige philosophische Weltanschauung ent-
stand in England; für das ganze Denken der Zukunft wurde dies
wichtig und zeitweise auch verhängnisvoll. Viel ausschließlicher als
die Anhänger des Aristoteles tritt Francis Bacon ein für ein Schön-
heitsideal, das nur mit dem irdischen Dasein zu tun hat, mehr noch
als Lionardo verwirft er den großen Traum der Mystik. Er gibt das
Ideal der Philautie, der Pflege eines schönen liebenswerten Selbst
auf und ist der Begründer der modernen Philanthropie, die all-
gemein Nützliches erstrebt für alle, oder es wenigstens behauptet,
ohne zuerst an dem eigenen Wesen zu bessern und verschönern zu
wollen.
Das Tun ist ihm wichtiger als das Sein, indes der mystische Schön-
heitsglaube das Sein dem Tun voranstellt. Der ungefähre Begriff,
den man sich von Bacon macht, besteht darin, daß er in der Philo-
sophie für den Erfinder der induktiven Methode gilt, nämlich der
Methode, die von gemein faßlichen Wahrheiten aufsteigt, im Gegen-
satz zu der Deduktion, der herabsteigenden, die alle niedrigen oder
gemein faßlichen Begriffe außer acht läßt.
Deduktiv blieben alle philosophischen Methoden, die auf der Scho-
lastik beruhten und hauptsächlich in Deutschland und Schottland
34
darin, daß sie unsere besten Seelenkräfte lähmt. Ihrem Widerstand,
ihrer Häßlichkeit Hohn sprechend, gewinnt der Mensch die Freiheit,
die zu unvergänglicher Schönheit führt. Das ist der Sinn von
Giordano Brunos Flammentod. Seine Peiniger waren genau die-
selben wie jene, die mehr als tausend Jahre früher, Kreaturen der
Finsternis und der Pein, der Dummheit und dem Schein untertan,
die Schönheitsbekennerin Hypatia zu Tode marterten. Sie konnten
nicht anders als Licht und Freude zu hassen.
Gesteinigt und an den Pfahl geschlagen wurde die Menschheit immer
wieder, wie diese Heroen des Menschentums, denn die Freiheit der
Persönlichkeit würde jede äußere Gewalt unnötig machen und alle,
die davon leben und zehren, allmählich ducken und vernichten.
XXI
Eine mehr nüchterne neuartige philosophische Weltanschauung ent-
stand in England; für das ganze Denken der Zukunft wurde dies
wichtig und zeitweise auch verhängnisvoll. Viel ausschließlicher als
die Anhänger des Aristoteles tritt Francis Bacon ein für ein Schön-
heitsideal, das nur mit dem irdischen Dasein zu tun hat, mehr noch
als Lionardo verwirft er den großen Traum der Mystik. Er gibt das
Ideal der Philautie, der Pflege eines schönen liebenswerten Selbst
auf und ist der Begründer der modernen Philanthropie, die all-
gemein Nützliches erstrebt für alle, oder es wenigstens behauptet,
ohne zuerst an dem eigenen Wesen zu bessern und verschönern zu
wollen.
Das Tun ist ihm wichtiger als das Sein, indes der mystische Schön-
heitsglaube das Sein dem Tun voranstellt. Der ungefähre Begriff,
den man sich von Bacon macht, besteht darin, daß er in der Philo-
sophie für den Erfinder der induktiven Methode gilt, nämlich der
Methode, die von gemein faßlichen Wahrheiten aufsteigt, im Gegen-
satz zu der Deduktion, der herabsteigenden, die alle niedrigen oder
gemein faßlichen Begriffe außer acht läßt.
Deduktiv blieben alle philosophischen Methoden, die auf der Scho-
lastik beruhten und hauptsächlich in Deutschland und Schottland
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