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Zeitalters damit bekämpften, als ob sie ein Schwert des Weltgerichts
in der Hand hielten. Spätere Geschlechter kehrten diese Waffe gegen
sich selbst und es entstand schließlich aus einem Keim, den der
englische Grandseigneur-Philosoph im Garten seiner Meinung gepflanzt
hatte, jene Schule der Ironie und des Skeptizismus, der die feinsten
Köpfe unter den Romantikern angehörten.
Während in England selbst Shaftesbury sehr schnell verkannt und
vergessen wurde, blieb seine Wirkung in der deutschen Wissenschaft
eine nachhaltige; Leibniz behauptete, daß in den Characteristics
of Men, Manners, Opinions and Times seine ganze Theodicee schon
vorgezeichnet sei und fügt mit rührender Bescheidenheit hinzu:
mais plus agreablement tournee. Lessing bewundert die kritische
Methode des Lords und fühlte die Verwandschaft seines eigenen
ästhetischen Ideals mit dem Shaftesburys, wenn er auch der Ver-
einigung von Schön und Gut zu einer Harmonie nicht beistimmen
mochte. Herder erkannte den Edelsinn des englischen Denkers
darin, daß er sich vor allem der zehnten Muse, der Muse der
Humanität zugewendet habe. Ich kann mir nicht vorstellen, meint
Herder, daß ein unbefangener honetter Mann diesen Schriftsteller
ohne innige Achtung aus der Hand legen sollte und für Jünglinge
wünschte ich in unserer Sprache den übersetzten Shaftesbury zu lesen
und was in ihm zu berichtigen sein möchte.
Am ausgeprägtesten zeigt sich der Einfluß des Philosophen auf
Schiller, in dessen ästhetischem Bekenntnis die Anregungen seines
Vorgängers ausgeglichen und gereift erscheinen.

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