furchtbare Mängel erkennen muß, daß man das Göttliche, was die
Seele empfindet, aus innerer Naturnotwendigkeit kritisiert und keine
harmonische Theodicee mehr dichten kann, sollte das eigentliche
Pathos des Weltschmerzes sein.
Jene schwärmerische Naturandacht, die sich im 17. Jahrhundert von
England aus verbreitete und ihren Gipfelpunkt in Rousseaus Welt-
anschauung fand, möchte ich ein protestantisches Heimweh nach
Schönheit nennen.
Vorwiegend in protestantisch veranlagten Gemütern und in Ländern,
wo künstlerisch Empfindende im Kultus das malerisch - poetische
Element vermißten, suchte die Sehnsucht einen neuen Weg und
Enthusiasmus. Die Gotteswelt, wie sie uns sichtbar umgibt, war,
was diese Schönheitssucher fanden. Sie beseelten die Natur, um
sie desto besser lieben zu können in ästhetischer Seligkeit.
Sie suchten alle Poesie aus dem Alten und Neuen Testament zu
schöpfen und mit der Idee einer wunderbaren Naturordnung dich-
terisch in Einklang zu bringen.
So tat Klopstock. Das war seine ungeheure Wirkung, die heute so
wenige verstehen können. Als aber diese mit begeisterter Freude
begrüßte naturästhetische Philosophie ins Schwanken kam, gaben
einige Romantiker ihrer Sehnsucht ganz folgerichtig Gehör und
flüchteten vor der Bitterkeit ihres Weltschmerzes zur römischen
Kirche, hingerissen von mystischen Schönheitswerten.
Oder sie warfen sich der Ironie in die Arme, wie Byron und später
Stendhal.
Die Ironie, deren sich schon Sokrates bedient hatte, um den Un-
sinn einer gegnerischen Behauptung witzig festzulegen, wurde bei
den Romantikern zum unbedingten Hinwegsetzen über alles, was
einst gewertet war. Man redete sich in eine Stimmung, die (nach
Fr. Schlegels Worten) sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch
über eigene Kunst, Tugend oder Genialität. Ihre wesentlichen Merk-
male lagen in einer ganz neuen Anwendung jenes ästhetischen Mittels,
das Shaftesbury noch als heilsam und harmlos gepriesen.
Er hatte die Ironie als Waffe im Rüstzeug der Philosophie an-
gewandt. Sein Schüler Bolingbroke vermittelte sie Voltaire und
dessen Kreis, die nun alle Häßlichkeiten und Albernheiten ihres
111
Seele empfindet, aus innerer Naturnotwendigkeit kritisiert und keine
harmonische Theodicee mehr dichten kann, sollte das eigentliche
Pathos des Weltschmerzes sein.
Jene schwärmerische Naturandacht, die sich im 17. Jahrhundert von
England aus verbreitete und ihren Gipfelpunkt in Rousseaus Welt-
anschauung fand, möchte ich ein protestantisches Heimweh nach
Schönheit nennen.
Vorwiegend in protestantisch veranlagten Gemütern und in Ländern,
wo künstlerisch Empfindende im Kultus das malerisch - poetische
Element vermißten, suchte die Sehnsucht einen neuen Weg und
Enthusiasmus. Die Gotteswelt, wie sie uns sichtbar umgibt, war,
was diese Schönheitssucher fanden. Sie beseelten die Natur, um
sie desto besser lieben zu können in ästhetischer Seligkeit.
Sie suchten alle Poesie aus dem Alten und Neuen Testament zu
schöpfen und mit der Idee einer wunderbaren Naturordnung dich-
terisch in Einklang zu bringen.
So tat Klopstock. Das war seine ungeheure Wirkung, die heute so
wenige verstehen können. Als aber diese mit begeisterter Freude
begrüßte naturästhetische Philosophie ins Schwanken kam, gaben
einige Romantiker ihrer Sehnsucht ganz folgerichtig Gehör und
flüchteten vor der Bitterkeit ihres Weltschmerzes zur römischen
Kirche, hingerissen von mystischen Schönheitswerten.
Oder sie warfen sich der Ironie in die Arme, wie Byron und später
Stendhal.
Die Ironie, deren sich schon Sokrates bedient hatte, um den Un-
sinn einer gegnerischen Behauptung witzig festzulegen, wurde bei
den Romantikern zum unbedingten Hinwegsetzen über alles, was
einst gewertet war. Man redete sich in eine Stimmung, die (nach
Fr. Schlegels Worten) sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch
über eigene Kunst, Tugend oder Genialität. Ihre wesentlichen Merk-
male lagen in einer ganz neuen Anwendung jenes ästhetischen Mittels,
das Shaftesbury noch als heilsam und harmlos gepriesen.
Er hatte die Ironie als Waffe im Rüstzeug der Philosophie an-
gewandt. Sein Schüler Bolingbroke vermittelte sie Voltaire und
dessen Kreis, die nun alle Häßlichkeiten und Albernheiten ihres
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