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Gleichen-Rußwurm, Alexander
Die Schönheit: ein Buch der Sehnsucht — Stuttgart: Verlag Julius Hoffmann, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.65310#0230
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die Albigenser zum Untergang, Giordano Bruno auf den Scheiter-
haufen geführt hat.
Wie Platon sieht Shelley auf der untersten Stufenleiter des Bösen
den Tyrannen.
Von Unterdrückung geht alles Schlechte aus, alle Häßlichkeit des
Häßlichsten, der Heuchelei.
Furchtlos nennt Shelley die Verwandtschaft des Hasses: Der Haß
thront zunächst mit seiner Mutter, der Furcht.
Mit den früheren Mystikern sieht er in jenen furchterzeugten Göt-
tern, in menschlicher und göttlicher Staatsgewalt Feindschaft gegen
die Schönheit, die nur frei in Freiheit milde herrschen kann.
Laon und Cynthia, das ideal mystische Liebespaar (in Shelleys
Fragment) gesellt sich den edel Empörten, denn auch die Liebe
zwischen Mann und Weib muß vertieren und im Häßlichen unter-
gehen , wenn sie von den mächtigen Heuchlern ewig unterjocht
bleibt. Er glaubt an das Wort: Can man be free, when woman
is a slave?
Im entfesselten Prometheus entfesselt er seinen heiligen Zorn gegen
den Gott des cant, des englischen cant, des europäischen cant, den
rechten Gott der schnöden Philisterwelt. Er nennt den alten Jadal-
baoth der Gnostiker in seinem Märchen Zeus. Mit diesem un-
gerechten Zeus kann sich ein Prometheus niemals versöhnen, wie
sich der edle Mensch, der Schönheitssucher aller Zeiten niemals mit
Jadalbaoth versöhnen kann, dem Urtypus des Gottes, den sich der böse
Mensch zum Bilde schafft, immer wieder, weil Jadalbaoth ihn der
Schönheit zum Trotz nach seiner eigenen Häßlichkeit erschafft.
Jadalbaoth Zeus unterliegt dem neugeborenen Geist besseren Men-
schentums, mit ihm Haß, Furcht und Torheit die Gesetze schufen.
Diese Gesetze stürzen den Gestürzten nach. Alle ungerechten
Machthaber werden an diesem jüngsten Tag schlotternd ihrer bösen
und lächerlichen Kronen verlustig. Die Menschen sind keine ver-
prügelten, verlogenen Kinder mehr, die aus Angst ihre Quäler noch
loben, sondern in Schönheit frei. Selbst ihre Tränen sind schön
und selig.
Mächtig wie der südliche Lenz schüttet die Liebe Blüten über das
Land, in Gestalt ohnmächtiger Schemen entflattert alles Böse, was
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