unsere Vorstellung zaubert. In dieser Seligkeit des Aufgehens in
einem Fremden liegt unser Götterzustand.
Dieses Selbstvergessen fand der Pessimist am reinsten in der Musik.
Sehr merkwürdig ist bei ihm das Schematisieren ästhetischer Dinge,
die Art, in der er Paarungen vollzieht, um auszudrücken, daß
die verschiedenen Künste die Ideen gewisser Dinge vorzustellen
haben.
So soll die Architektur Schwerkraft und Kohäsion, Widerstands-
kraft und verschiedene äußere Eigenschaften wie die des Lichts zum
Ausdrude bringen. Die Gärtnerei und Landschaftsmalerei stellen
das Leben der Pflanzenwelt dar, die Skulptur und Tiermalerei das
animalische Wesen. Die Geschichtsmalerei und die höhere Skulptur
verkörpern die Idee der menschlichen Schönheit. Die Poesie be-
schäftigt sich mit der Vorstellung von der Idee des Menschen.
Allein die Musik ist aus dieser Hierarchie der Künste ausge-
schlossen.
Sie stellt nicht die Ideen der Dinge, sondern parallel mit diesen den
Willen selbst dar.
Die Musik ist die Seligsprechung des Menschen. Dadurch, daß sie
ihn ganz vom Zwang der Vorstellung erlöst und dem Weltwillen
übergibt, der sich in Tönen ausspricht, wird sie zur Befreierin von
Not und Elend.
Sie ist nicht nur Mathematik, wie Leibniz meinte, sondern Meta-
physik.
Durch diese Auffassung hängt Schopenhauer eng mit Richard Wagner
zusammen.
Wagner schrieb in seiner Arbeit über Beethoven:
Mit philosophischer Klarheit hat erst Schopenhauer die Stellung der
Musik zu den anderen schönen Künsten erkannt und bezeichnet,
indem er ihr eine von derjenigen der bildenden und dichtenden
Kunst gänzlich verschiedene Natur zuspricht.
Die Lehre, daß die Musik das Wesen der Welt offenbare und
(nach Wagners Wort) selbst eine Idee der Welt sei, besteht darin,
daß derjenige, der die Musik gänzlich in Begriffen verdeutlichen
könne, sich eine die Welt erklärende Philosophie vorgeführt haben
würde.
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einem Fremden liegt unser Götterzustand.
Dieses Selbstvergessen fand der Pessimist am reinsten in der Musik.
Sehr merkwürdig ist bei ihm das Schematisieren ästhetischer Dinge,
die Art, in der er Paarungen vollzieht, um auszudrücken, daß
die verschiedenen Künste die Ideen gewisser Dinge vorzustellen
haben.
So soll die Architektur Schwerkraft und Kohäsion, Widerstands-
kraft und verschiedene äußere Eigenschaften wie die des Lichts zum
Ausdrude bringen. Die Gärtnerei und Landschaftsmalerei stellen
das Leben der Pflanzenwelt dar, die Skulptur und Tiermalerei das
animalische Wesen. Die Geschichtsmalerei und die höhere Skulptur
verkörpern die Idee der menschlichen Schönheit. Die Poesie be-
schäftigt sich mit der Vorstellung von der Idee des Menschen.
Allein die Musik ist aus dieser Hierarchie der Künste ausge-
schlossen.
Sie stellt nicht die Ideen der Dinge, sondern parallel mit diesen den
Willen selbst dar.
Die Musik ist die Seligsprechung des Menschen. Dadurch, daß sie
ihn ganz vom Zwang der Vorstellung erlöst und dem Weltwillen
übergibt, der sich in Tönen ausspricht, wird sie zur Befreierin von
Not und Elend.
Sie ist nicht nur Mathematik, wie Leibniz meinte, sondern Meta-
physik.
Durch diese Auffassung hängt Schopenhauer eng mit Richard Wagner
zusammen.
Wagner schrieb in seiner Arbeit über Beethoven:
Mit philosophischer Klarheit hat erst Schopenhauer die Stellung der
Musik zu den anderen schönen Künsten erkannt und bezeichnet,
indem er ihr eine von derjenigen der bildenden und dichtenden
Kunst gänzlich verschiedene Natur zuspricht.
Die Lehre, daß die Musik das Wesen der Welt offenbare und
(nach Wagners Wort) selbst eine Idee der Welt sei, besteht darin,
daß derjenige, der die Musik gänzlich in Begriffen verdeutlichen
könne, sich eine die Welt erklärende Philosophie vorgeführt haben
würde.
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