Denkmälern ist der Doppeladler ziemlich selten, und starkes Bedenken erregt eine
Auffassung, nach der der bulgarische König Michael Schischman (1323-1330) Mün-
zen mit der Darstellung des zweiköpfigen Adlers prägen ließ9.
Die in Rede stehenden Porträts zu Boyana sind dem byzantinischen Geschmack und
der byzantinischen Technik voll entsprechend. Es läßt sich kaum bezweifeln, daß
sie von byzantinischen Künstlern ausgeführt worden sind, und zwar zur Zeit des
Bulgarenkönigs Konstantinos Toichos. Irene, die hier porträtierte zweite Gemahlin
dieses Königs, war eine Byzantinerin, Tochter des recht sonderlichen Königs von
Nicäa Theodorus II. Dukas Laskaris, der auch literarisch tätig gewesen ist und
mehrere, vorwiegend in einer gekünstelten, blumenreichen Sprache abgefaßten
Schriften hinterlassen hat10 (darunter eine eigenartige, bisher im Abendlande wenig
beachtete Grabrede11 auf den deutschen Kaiser Friedrich II.).
Die Herrscher jenes besonderen Reiches von Nicäa, welches bekanntlich nach der
Einnahme Konstantinopels durch die Kreuzritter (1204) entstanden ist und bis 1261
fortbestanden hatte, verhielten sich den Bulgaren gegenüber nicht immer freundlich.
Besonders hat der nicäische Kaiser Johannes Batatzes (1222-1254), der Schwieger*
sohn und Nachfolger des Begründers dieses Reiches Theodorus’ I. Laskaris, Kämpfe
gegen die Bulgaren geführt und ihnen viele Provinzen, vornehmlich in Nordthrazien
und Mazedonien, entrissen. Dennoch hat derselbe Kaiser, Johannes Batatzes, aus
politischen Gründen im Jahre 1235 seinem Sohne Theodorus die Tochter des
Bulgarenkönigs Assan IL, Helene genannt, zur Gemahlin gegeben und bald darauf
die Unabhängigkeit der bulgarischen Kirche proklamiert, die bisher dem öku*
menischen Patriarchat von Konstantinopel unterstand12. Der schon wiederholt ge*
nannte Theodorus IL, Dukas Laskaris, der am Ende des Jahres 1254 als Nachfolger
seines Vaters Johannes Batatzes zum Kaiser des Nicäareiches erhoben wurde,
setzte siegreich die Kämpfe seines Vaters gegen die Bulgaren fort13, schloß aber end*
lieh im Jahre 1257 mit ihnen Frieden. Bald darauf verschwand die Assan-Dynastie
in Bulgarien, und nach einigen inneren politischen Verwirrungen gelangte die Königs-
herrschaft dieses Landes in die Hände des Konstantin Toichos, eines tüchtigen
Mannes serbischer Herkunft14. Obwohl er schon verheiratet war und Vater von
mehreren Kindern, so ließ er trotzdem durch Botschaften dem Kaiser Theodorus II.
Dukas Laskaris nicht nur bundgenössische Freundschaft ausdrücken, sondern ihn
auch um die Hand einer seiner Töchter bitten. Dadurch bezweckte der Bulgaren-
könig Toichos, sich auf seinem Throne zu befestigen; er hatte nämlich kein Blutrecht
auf den Thron, während die Töchter des nicäischen Kaisers Enkelinnen eines ge-
wesenen Königs von Bulgarien, d. h. des schon oben erwähnten Assan II. waren.
Solche Verschwägerung konnte dem König Konstantin Toichos sehr zugute kommen,
da sie ihn einem altbulgarischen Herrscherhause näher brachte. Theodorus II. Laskaris
von Nicäa hieß den Antrag des Bulgarenkönigs aus politischen Gründen gut und
bald darauf gab er ihm seine erstgeborene Tochter Irene zur Frau. Nun ließ der
Bulgarenkönig seine erste Gemahlin nach Nicäa bringen, um dadurch in recht auf-
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Auffassung, nach der der bulgarische König Michael Schischman (1323-1330) Mün-
zen mit der Darstellung des zweiköpfigen Adlers prägen ließ9.
Die in Rede stehenden Porträts zu Boyana sind dem byzantinischen Geschmack und
der byzantinischen Technik voll entsprechend. Es läßt sich kaum bezweifeln, daß
sie von byzantinischen Künstlern ausgeführt worden sind, und zwar zur Zeit des
Bulgarenkönigs Konstantinos Toichos. Irene, die hier porträtierte zweite Gemahlin
dieses Königs, war eine Byzantinerin, Tochter des recht sonderlichen Königs von
Nicäa Theodorus II. Dukas Laskaris, der auch literarisch tätig gewesen ist und
mehrere, vorwiegend in einer gekünstelten, blumenreichen Sprache abgefaßten
Schriften hinterlassen hat10 (darunter eine eigenartige, bisher im Abendlande wenig
beachtete Grabrede11 auf den deutschen Kaiser Friedrich II.).
Die Herrscher jenes besonderen Reiches von Nicäa, welches bekanntlich nach der
Einnahme Konstantinopels durch die Kreuzritter (1204) entstanden ist und bis 1261
fortbestanden hatte, verhielten sich den Bulgaren gegenüber nicht immer freundlich.
Besonders hat der nicäische Kaiser Johannes Batatzes (1222-1254), der Schwieger*
sohn und Nachfolger des Begründers dieses Reiches Theodorus’ I. Laskaris, Kämpfe
gegen die Bulgaren geführt und ihnen viele Provinzen, vornehmlich in Nordthrazien
und Mazedonien, entrissen. Dennoch hat derselbe Kaiser, Johannes Batatzes, aus
politischen Gründen im Jahre 1235 seinem Sohne Theodorus die Tochter des
Bulgarenkönigs Assan IL, Helene genannt, zur Gemahlin gegeben und bald darauf
die Unabhängigkeit der bulgarischen Kirche proklamiert, die bisher dem öku*
menischen Patriarchat von Konstantinopel unterstand12. Der schon wiederholt ge*
nannte Theodorus IL, Dukas Laskaris, der am Ende des Jahres 1254 als Nachfolger
seines Vaters Johannes Batatzes zum Kaiser des Nicäareiches erhoben wurde,
setzte siegreich die Kämpfe seines Vaters gegen die Bulgaren fort13, schloß aber end*
lieh im Jahre 1257 mit ihnen Frieden. Bald darauf verschwand die Assan-Dynastie
in Bulgarien, und nach einigen inneren politischen Verwirrungen gelangte die Königs-
herrschaft dieses Landes in die Hände des Konstantin Toichos, eines tüchtigen
Mannes serbischer Herkunft14. Obwohl er schon verheiratet war und Vater von
mehreren Kindern, so ließ er trotzdem durch Botschaften dem Kaiser Theodorus II.
Dukas Laskaris nicht nur bundgenössische Freundschaft ausdrücken, sondern ihn
auch um die Hand einer seiner Töchter bitten. Dadurch bezweckte der Bulgaren-
könig Toichos, sich auf seinem Throne zu befestigen; er hatte nämlich kein Blutrecht
auf den Thron, während die Töchter des nicäischen Kaisers Enkelinnen eines ge-
wesenen Königs von Bulgarien, d. h. des schon oben erwähnten Assan II. waren.
Solche Verschwägerung konnte dem König Konstantin Toichos sehr zugute kommen,
da sie ihn einem altbulgarischen Herrscherhause näher brachte. Theodorus II. Laskaris
von Nicäa hieß den Antrag des Bulgarenkönigs aus politischen Gründen gut und
bald darauf gab er ihm seine erstgeborene Tochter Irene zur Frau. Nun ließ der
Bulgarenkönig seine erste Gemahlin nach Nicäa bringen, um dadurch in recht auf-
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