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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (I. Teil, Band 1): Die Niederlande — Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.12244#0109
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Deutung

Charakteristisch ist ferner eine Stelle aus der „Conquete de Jerusalem", die das Zelt
des Sultans von Persien' eingehend schildert, dessen Verfertiger angeblich der Prophet
Mahomet ist. Wahrscheinlich schwebte dem Dichter der Ausdruck „oeuvre sarra-
zinois" vor, den er in leicht verständlicher Gedankenverbindung mit dem Künder des
Islams in Beziehung bringt. Die Darstellungen beziehen sich auf das Alte Testament
und die sieben Freien Künste, die seltsam mit dem Streite der Tugenden und Laster
verquickt sind.

5510 Li. VII. art i sont paint a'I*plait general,

Qui desputent ensanble et de bien et de mal.

Aus Dichtungen des deutschen Mittelalters bringt Dr. Albin Schulz in (tdem Höfischen
Leben zur Zeit der Minnesänger" verschiedene Stellen, die mehr oder weniger ein-
gehend reiche Wandteppiche beschreiben, vielfach in starker Anlehnung an die fran-
zösische Quelle. Ähnlich schildert das Beowulfslied die goldgewirkten Behänge der
Halle Heorot, die an festlichen Tagen die Holzwände schmückten:

Then straight was ordered that Heorot inside
With hands be embellished: a host of them gathered,
Of men and women, who the wassailing-building
The guest-hall begeared. Gold-flashing sparkled
Webs on the walls then, of wonders a many
To each of the heroes that look on such objects.

Die Heldengesänge aus dem Sagenkreise Karls des Großen, dem Geste des Doon de
Mayence und des Guillaume au court nez, erwähnen verschiedentlich Bildwirkereien;
mit besonderer Liebe wird der mit Textilien reich geschmückten festlichen Straßen
und Plätze gedacht. Das gleiche gilt von den späteren Prosaromanen. Einzelheiten
führen an dieser Stelle zu weit. Immerhin erscheint eine spätere ausführliche Zu-
sammenfassung erwünscht.

Die Hoffnung, bei Durchsicht der Dichtungen einen Hinweis auf eine frühe Bild-
teppichmanufaktur zu finden, erwies sich als trügerisch.

Den einzigen Vermerk bringt die bekannte Stelle des Erecromans von Christian
von Troyes(6):

2625 Si Ii comande a aporter

Ses armes por son cors armer

Puis s'an monta an unes loges.

Et fist un tapit de Limoges

Devant lui a la terre estandre.
2630 Et eil corut les armes prandre

Cui il l'ot comande et dit

Ses aporta sor le tapit

Erec l'assist de l'autre part

Dessus l'ymage d'un liepart.
2635 Qui el tapit estoit portraite.

Tatsächlich ist bereits um 1317 „Mathias Gorsas le tapissier" in Limoges tätig. Ein
Wirker Estienne Larue ist 1340 nachweisbar; Pierre Teyssendier arbeitet 1355, Jean
de Bladis um 1390. Ein Rechnungsbeleg (1363/1365) «pour un tapy de l'evre de
Limoiges, qui avoit estey achatez des ennemis et pris, sur celi qui l'avoit achatey, par
Perrenot de Sauvoingney (den Burggrafen von Semur) . . . ." scheint die Annahme zu
bestätigen (7).

Bei schärferer Prüfung erfährt die Hoffnung auf eine umfangreiche frühe Manufaktur
Limoges, die vielfach in der französischen Literatur als die Vorgängerin der Ateliers
von Felletin und Aubusson angesehen wird, eine nicht unbeträchtliche Einschränkung.

Ein „tapis de limoges" oder ein „gr^mial de toile avec huit raies limogees d'or",
ist nicht ohne weiteres mit einer Wirkerei aus der Stadt Limoges zu identifizieren;

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