Deutung
Eine andere Folge behandelt die Taten eines burgundischen Helden, des Girard de
Roussillon. 1447 schreibt Jehan Wauquelin für Philipp den Guten einen Girard de
Roussillon mit stark politischem Einschlag. Wie einst Held Girard, der Ahnherr des
burgundischen Herrscherhauses, gegen seinen ungerechten Suzerain, den König von
Frankreich, ficht, so kämpft der Vasall Herzog Philipp gegen Karl YII. lediglich aus
reinen und lauteren Gründen der Gerechtigkeit und Ritterlichkeit. Der burgundischen
Heldensage entnehmen ferner die 1388 von Dourdin erworbenen Teppiche des «Aubry
Bourguigon", sowie die Folge des «Garin le Loherain" ihren Stoff. Sowohl verschie-
dene Dichtungen aus dem Zyklus des Garin de Montglane, wie die entreimten Romane
des Girard de Roussillon und des Auberi le Bourgoing finden sich in dem Bücher-
inventare Philipps des Guten vom Jahre 1467.
Die 1389 von dem Arraser Händler de Mouchy angekaufte Reihe «Istoire de Per-
cheval Le Galoix" geht auf eine frühe Prosaübertragung des Tafelrundenkreises zurück.
«Tapis de Guillaume d'Orenges", eine 1384 von Cosset erworbene Folge, besagt für
die Deutung wenig; möglicherweise diente der Sang «Enfances Guillaume" oder
«Moniage Guillaume" als Leitfaden (9). Die «Histoire Fierabrat d'Alixandre" — 1386
von Michiel Bernart in Arras angekauft — gehört dem Karlszyklus an; sie schildert
die Kämpfe gegen den heidnischen Riesen Fierabras von Alexandrien, den Herrn von
Babylon, Köln (!), Rußland, Palermo und Jerusalem, seine Bekehrung und Taufe durch
Kaiser Karls berühmten Erzbischof Turpin. Die «ystoire de Barbastre et de Girard
de Commercy" ist ein Glied des Geste de Garin de Montglane, sie behandelt die Be-
lagerung der heidnischen Stadt Barbastre (10).
Besonders beliebt ist die Geschichte von Amis und Amiles (1388, Dourdin: Amant
et d'une amie) und die zu dem gleichen Sagenkreise gehörige «Histoire de Jourdain
de Blaives" (1386, Dourdin) und des Milon de Beauvais (11).
Manche der den Wandteppichen als Grundlage dienenden Epen und Romane sind
noch nicht in der vollständigen Textausgabe veröffentlicht, zum mindesten aber bereits
in der einschlägigen Literatur ausreichend besprochen und analysiert, wie die Ge-
schichte Oktavians (1390 von Bernart geliefert) (12), die Historie des Doon de la Roche
(1388/89 von Cosset erworben) (13) des Ciperis de Yignevaux (14) und andere mehr.
Die angeführten Beispiele, die sich beliebig erweitern lassen (15), dürften genügen, um
wenigstens anzudeuten, welcher Art die Wandteppichdarstellnngen waren, die die
burgundische Ritterschaft und die Dichter des Hofes mit Entzücken erfüllten.
Außer den frühen Heldengesängen werden naturgemäß auch zeitgenössisch revidierte
Dichtungen als Fabel reichen Wirkereifolgen zugrunde gelegt, so der Escoufleroman,
der «Chätelain de Coucy et la Dame du Fayel", der Roman de Basin, die Prosaüber-
tragungen des «Lancelot du Lac et du Sanc(!) Greal" aus dem Atelier des Jacob Ra-
pondi (1407), «Le Livre de Ysambert", «Le Roman de Tristram le Leonois, nepveu
du roy de Cornouaille et dTseult la Blonde, fille ou roys Aguys d'Irlande" und andere
mehr. Die Kreuzzugsdichtungen finden unter Philipp dem Guten, dem begeisterten
Anhänger der Idee, eine besonders starke Förderung. In erster Linie gehören zu
diesem Sagenkreise «Helias, Enfances de Godefroi du Bouillon" und «Les Chetifs". Der
in verschiedenen Teppichfragmenten noch erhaltene «Chevalier au Cygne" bildet einen
Teil des Zyklus, der im «Beaudouin de Sebourc" und dem «Bastart de Bouillon"
weitergesponnen wird. Der Roman des Andre de Chauvigny — «la Chronique de la
Gogue —", der den Kampf des Helden gegen die Ungläubigen und sein Liebesverhält-
nis mit der Herrin Gloriande, der Nichte Saladins, schildert, ist ein etwas verwilderter
Spätling der Kreuzzugsdichtung. Fragmente eines Teppichs — in den achtziger Jahren
des verflossenen Jahrhunderts im Besitze eines Herrn Chaumerau in Bourges — zeigen
in ergötzlicher Weise die im Bette liegende Gloriande; zwei Dienerinnen waschen
das Neugeborene, die Frucht der sträflichen Liebe mit Chauvigny, das vergnügt mit
weißer Haut und blauen Augen in der Holzwanne neben dem beinahe schwarzen,
gleichfalls nackten Mädchen — der ehelichen Tochter Gloriandes mit ihrem Gemahl,
dem Herrscher von Damaskus — herumplanscht.
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Eine andere Folge behandelt die Taten eines burgundischen Helden, des Girard de
Roussillon. 1447 schreibt Jehan Wauquelin für Philipp den Guten einen Girard de
Roussillon mit stark politischem Einschlag. Wie einst Held Girard, der Ahnherr des
burgundischen Herrscherhauses, gegen seinen ungerechten Suzerain, den König von
Frankreich, ficht, so kämpft der Vasall Herzog Philipp gegen Karl YII. lediglich aus
reinen und lauteren Gründen der Gerechtigkeit und Ritterlichkeit. Der burgundischen
Heldensage entnehmen ferner die 1388 von Dourdin erworbenen Teppiche des «Aubry
Bourguigon", sowie die Folge des «Garin le Loherain" ihren Stoff. Sowohl verschie-
dene Dichtungen aus dem Zyklus des Garin de Montglane, wie die entreimten Romane
des Girard de Roussillon und des Auberi le Bourgoing finden sich in dem Bücher-
inventare Philipps des Guten vom Jahre 1467.
Die 1389 von dem Arraser Händler de Mouchy angekaufte Reihe «Istoire de Per-
cheval Le Galoix" geht auf eine frühe Prosaübertragung des Tafelrundenkreises zurück.
«Tapis de Guillaume d'Orenges", eine 1384 von Cosset erworbene Folge, besagt für
die Deutung wenig; möglicherweise diente der Sang «Enfances Guillaume" oder
«Moniage Guillaume" als Leitfaden (9). Die «Histoire Fierabrat d'Alixandre" — 1386
von Michiel Bernart in Arras angekauft — gehört dem Karlszyklus an; sie schildert
die Kämpfe gegen den heidnischen Riesen Fierabras von Alexandrien, den Herrn von
Babylon, Köln (!), Rußland, Palermo und Jerusalem, seine Bekehrung und Taufe durch
Kaiser Karls berühmten Erzbischof Turpin. Die «ystoire de Barbastre et de Girard
de Commercy" ist ein Glied des Geste de Garin de Montglane, sie behandelt die Be-
lagerung der heidnischen Stadt Barbastre (10).
Besonders beliebt ist die Geschichte von Amis und Amiles (1388, Dourdin: Amant
et d'une amie) und die zu dem gleichen Sagenkreise gehörige «Histoire de Jourdain
de Blaives" (1386, Dourdin) und des Milon de Beauvais (11).
Manche der den Wandteppichen als Grundlage dienenden Epen und Romane sind
noch nicht in der vollständigen Textausgabe veröffentlicht, zum mindesten aber bereits
in der einschlägigen Literatur ausreichend besprochen und analysiert, wie die Ge-
schichte Oktavians (1390 von Bernart geliefert) (12), die Historie des Doon de la Roche
(1388/89 von Cosset erworben) (13) des Ciperis de Yignevaux (14) und andere mehr.
Die angeführten Beispiele, die sich beliebig erweitern lassen (15), dürften genügen, um
wenigstens anzudeuten, welcher Art die Wandteppichdarstellnngen waren, die die
burgundische Ritterschaft und die Dichter des Hofes mit Entzücken erfüllten.
Außer den frühen Heldengesängen werden naturgemäß auch zeitgenössisch revidierte
Dichtungen als Fabel reichen Wirkereifolgen zugrunde gelegt, so der Escoufleroman,
der «Chätelain de Coucy et la Dame du Fayel", der Roman de Basin, die Prosaüber-
tragungen des «Lancelot du Lac et du Sanc(!) Greal" aus dem Atelier des Jacob Ra-
pondi (1407), «Le Livre de Ysambert", «Le Roman de Tristram le Leonois, nepveu
du roy de Cornouaille et dTseult la Blonde, fille ou roys Aguys d'Irlande" und andere
mehr. Die Kreuzzugsdichtungen finden unter Philipp dem Guten, dem begeisterten
Anhänger der Idee, eine besonders starke Förderung. In erster Linie gehören zu
diesem Sagenkreise «Helias, Enfances de Godefroi du Bouillon" und «Les Chetifs". Der
in verschiedenen Teppichfragmenten noch erhaltene «Chevalier au Cygne" bildet einen
Teil des Zyklus, der im «Beaudouin de Sebourc" und dem «Bastart de Bouillon"
weitergesponnen wird. Der Roman des Andre de Chauvigny — «la Chronique de la
Gogue —", der den Kampf des Helden gegen die Ungläubigen und sein Liebesverhält-
nis mit der Herrin Gloriande, der Nichte Saladins, schildert, ist ein etwas verwilderter
Spätling der Kreuzzugsdichtung. Fragmente eines Teppichs — in den achtziger Jahren
des verflossenen Jahrhunderts im Besitze eines Herrn Chaumerau in Bourges — zeigen
in ergötzlicher Weise die im Bette liegende Gloriande; zwei Dienerinnen waschen
das Neugeborene, die Frucht der sträflichen Liebe mit Chauvigny, das vergnügt mit
weißer Haut und blauen Augen in der Holzwanne neben dem beinahe schwarzen,
gleichfalls nackten Mädchen — der ehelichen Tochter Gloriandes mit ihrem Gemahl,
dem Herrscher von Damaskus — herumplanscht.
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