Brüssel
Mit dem Namen Meisters Franz verknüpfen sich vier der berühmtesten Reihen der
Barockzeit: der Triumph der Kirche, das Leben des Menschen, die Taten des Decius
Mus und die Geschichte des Paradieses.
Die Entwürfe zu den beiden ersten Folgen verdanken der Meisterhand Peter Paul
Rubens' ihre Entstehung. Der Triumph des Abendmahls ist die letzte monumentale
Auswirkung des antiken Triumphgedankens, von dem größten Künstler der Barock-
zeit mit glühendem Leben und einer bis zum äußersten gesteigerten Extase wieder-
gegeben. Die Urfolge bestimmte die Erzherzogin Isabella für das Madrider Klarissen-
kloster, das noch heute die Behänge als kostbaren Schatz bewahrt.
Der Triumphgedanke ist nicht einheitlich durchgeführt. Rubens arbeitet gewisser-
maßen nach dem alten Rezepte der Biblia Pauperum. Er belegt und stützt den Ge-
danken der siegenden Kirche oder richtiger den des seligmachenden und überwinden-
den Dogmas der Eucharistie durch Gestalten, die dem alten Testamente, den Evangelisten
und den Kirchenvätern entnommen sind. Zu den wuchtigsten Teppichen der Folge
zählen die Triumphe des Abendmahls über Götzendienst und Unwissenheit, Die Um-
rahmung versucht mit den riesigen gewundenen Säulen, den üppigen Drapierungen und
dem reichen Kartuschenwerk wuchtige, plastische Wirkung zu erzielen; die Mittel-
darstellung tritt als Bild hinter die gleichsam das Tor bildende Bordüre zurück.
Die Sammlung Berwick und Alba verzeichnet einen aus elf Bildteppichen bestehen-
den Triumph der Kirche, die die Signierung F. V. H. (Franz van den Hecke) tragen.
Ferner besitzt — nach Angabe von Wauters — Graf d'Onate in Madrid 22 Teppiche,
die ganz oder teilweise Frachois van den Hecke signiert sind (100).
Verschiedene Behänge aus dem Triumphe der Kirche, bezeichnet F. V. H., birgt die
Vatikansche Sammlung (101). Drei Teppiche einer weiteren Wiederholung besitzt das
Kunsthistorische Museum zu Genf. Die Begegnung Abrahams und Melchisedeks trägt
den vollen Namen F. VAN DEN HECKE, der Prophetenbehang mit dem brot- und
weinbringenden Engel nennt, außer F. V. H. in dem schmalen Saume, der die Bilddar-
stellung faßt, die Teppichnummer 4.
Mit den Triumphzügen nicht zu verwechseln ist eine Alexanderfolge, die mindestens
zweimal in dem van den Heckeschen Atelier gewirkt wurde. Das markanteste Stück
der Reihe, der auf dem Triumphwagen einziehende Herrscher, tauchte einmal auf der
Genter Retrospektiven Ausstellung, ein zweites Mal im Berliner Kunsthandel auf. Die
Signatur besteht in beiden Fällen in den Anfangsbuchstaben des Meisternamens. Das
Berliner Stück steht in seiner Farbenwirkung und in der Güte der Ausführung nicht un-
bedeutend hinter den sonstigen Erzeugnissen der Manufaktur zurück. Wir finden
flaue, abgeschwächte Farben, die zum Teil auf den als Vorbild dienenden Karton zu-
rückzuführen sind. Es fehlt die typische, etwas harte Durchbildung der Köpfe; die
Kettfäden sind ziemlich stark, das Gefüge ist entsprechend grob.
Franz van den Hecke arbeitet, wie die anderen Meister seiner Zeit, nach einem
rationell durchgeführten Systeme. Besonders geübte Wirker fertigen die Köpfe der
Mitteldarstellungen. Selbst bei den großen Manufakturen finden sich in der Regel
kaum mehr wie fünf bis sieben Gesellen, die diese schwierige Kunst völlig beherrschen,
andere wieder arbeiten die Gewänder und den Hintergrund. So kommt es bei ein
und demselben Teppich nicht selten vor, daß die Köpfe der Bilddarstellung hervor-
ragend durchgeführt sind, die Puttenfiguren der Bordüren aber kaum das Mittelmaß
erreichen. Die rechte Bordüre kann in den Farben wesentlich kräftiger und in der
Ausführung formvollendeter sein wie die linke und umgekehrt. Tritt jedoch der Fall
ein, daß ein Teppich einer großen Manufaktur alle charakteristischen Merkmale missen
läßt, die dem Unternehmen eigen sind, so liegt die Gewißheit vor, daß der betreffende
Meister die Arbeit einem Kleinwirker in Auftrag gegeben hat, der die Meistermarke
des Bestellers in die schmale, blaue Kante setzte. Die Handlungsweise läuft den Zunft-
vorschriften und den kaiserlichen Erlassen völlig zuwider; man war im 17. Jahrhundert
schon recht gleichgültig gegen den alten, guten handwerklichen Geist geworden. Immer-
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Mit dem Namen Meisters Franz verknüpfen sich vier der berühmtesten Reihen der
Barockzeit: der Triumph der Kirche, das Leben des Menschen, die Taten des Decius
Mus und die Geschichte des Paradieses.
Die Entwürfe zu den beiden ersten Folgen verdanken der Meisterhand Peter Paul
Rubens' ihre Entstehung. Der Triumph des Abendmahls ist die letzte monumentale
Auswirkung des antiken Triumphgedankens, von dem größten Künstler der Barock-
zeit mit glühendem Leben und einer bis zum äußersten gesteigerten Extase wieder-
gegeben. Die Urfolge bestimmte die Erzherzogin Isabella für das Madrider Klarissen-
kloster, das noch heute die Behänge als kostbaren Schatz bewahrt.
Der Triumphgedanke ist nicht einheitlich durchgeführt. Rubens arbeitet gewisser-
maßen nach dem alten Rezepte der Biblia Pauperum. Er belegt und stützt den Ge-
danken der siegenden Kirche oder richtiger den des seligmachenden und überwinden-
den Dogmas der Eucharistie durch Gestalten, die dem alten Testamente, den Evangelisten
und den Kirchenvätern entnommen sind. Zu den wuchtigsten Teppichen der Folge
zählen die Triumphe des Abendmahls über Götzendienst und Unwissenheit, Die Um-
rahmung versucht mit den riesigen gewundenen Säulen, den üppigen Drapierungen und
dem reichen Kartuschenwerk wuchtige, plastische Wirkung zu erzielen; die Mittel-
darstellung tritt als Bild hinter die gleichsam das Tor bildende Bordüre zurück.
Die Sammlung Berwick und Alba verzeichnet einen aus elf Bildteppichen bestehen-
den Triumph der Kirche, die die Signierung F. V. H. (Franz van den Hecke) tragen.
Ferner besitzt — nach Angabe von Wauters — Graf d'Onate in Madrid 22 Teppiche,
die ganz oder teilweise Frachois van den Hecke signiert sind (100).
Verschiedene Behänge aus dem Triumphe der Kirche, bezeichnet F. V. H., birgt die
Vatikansche Sammlung (101). Drei Teppiche einer weiteren Wiederholung besitzt das
Kunsthistorische Museum zu Genf. Die Begegnung Abrahams und Melchisedeks trägt
den vollen Namen F. VAN DEN HECKE, der Prophetenbehang mit dem brot- und
weinbringenden Engel nennt, außer F. V. H. in dem schmalen Saume, der die Bilddar-
stellung faßt, die Teppichnummer 4.
Mit den Triumphzügen nicht zu verwechseln ist eine Alexanderfolge, die mindestens
zweimal in dem van den Heckeschen Atelier gewirkt wurde. Das markanteste Stück
der Reihe, der auf dem Triumphwagen einziehende Herrscher, tauchte einmal auf der
Genter Retrospektiven Ausstellung, ein zweites Mal im Berliner Kunsthandel auf. Die
Signatur besteht in beiden Fällen in den Anfangsbuchstaben des Meisternamens. Das
Berliner Stück steht in seiner Farbenwirkung und in der Güte der Ausführung nicht un-
bedeutend hinter den sonstigen Erzeugnissen der Manufaktur zurück. Wir finden
flaue, abgeschwächte Farben, die zum Teil auf den als Vorbild dienenden Karton zu-
rückzuführen sind. Es fehlt die typische, etwas harte Durchbildung der Köpfe; die
Kettfäden sind ziemlich stark, das Gefüge ist entsprechend grob.
Franz van den Hecke arbeitet, wie die anderen Meister seiner Zeit, nach einem
rationell durchgeführten Systeme. Besonders geübte Wirker fertigen die Köpfe der
Mitteldarstellungen. Selbst bei den großen Manufakturen finden sich in der Regel
kaum mehr wie fünf bis sieben Gesellen, die diese schwierige Kunst völlig beherrschen,
andere wieder arbeiten die Gewänder und den Hintergrund. So kommt es bei ein
und demselben Teppich nicht selten vor, daß die Köpfe der Bilddarstellung hervor-
ragend durchgeführt sind, die Puttenfiguren der Bordüren aber kaum das Mittelmaß
erreichen. Die rechte Bordüre kann in den Farben wesentlich kräftiger und in der
Ausführung formvollendeter sein wie die linke und umgekehrt. Tritt jedoch der Fall
ein, daß ein Teppich einer großen Manufaktur alle charakteristischen Merkmale missen
läßt, die dem Unternehmen eigen sind, so liegt die Gewißheit vor, daß der betreffende
Meister die Arbeit einem Kleinwirker in Auftrag gegeben hat, der die Meistermarke
des Bestellers in die schmale, blaue Kante setzte. Die Handlungsweise läuft den Zunft-
vorschriften und den kaiserlichen Erlassen völlig zuwider; man war im 17. Jahrhundert
schon recht gleichgültig gegen den alten, guten handwerklichen Geist geworden. Immer-
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