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Brüssel

hin gehören solche, durch den Namen des Meisters gedeckte Erzeugnisse zu den
Ausnahmen. Wir finden derartige Fälle auch bei anderen Manufakturen; nur wenige,
wie Geraert van der Strecken oder Peemans halten sich frei von der Unsitte.

Die aus dem Atelier des Franz van den Hecke stammenden Wirkteppiche sind in
der Regel von guter Qualität — bei den Arbeiten mit voll ausgeschriebenem Wirker-
namen trifft dies stets zu, zumeist auch bei den mit Initialbuchstaben oder Mono-
gramm gezeichneten —, von vorzüglicher Farbenwirkung und exakter Arbeit.

Der Meister hat es nicht immer verstanden, die Rubens'schen Vorbilder glücklich
zu interpretieren. Die Schwierigkeiten waren umso größer", als diese Kartons An-
sprüche stellten, die über das bisherige Maß weit hinausgingen, die eine Körperlichkeit
verlangten, die dem Wirker ungewohnt war.

Es kommt hinzu, daß der größte Teil der Rubens-Folgen nach Patronen gearbeitet
wurde, die nicht in der alten Wasserfarbentechnik, sondern in Ölfarbe ausgeführt
waren. Man erkennt deutlich die Stellen, wo der Wirker nicht recht wußte, was
er mit einem keck hingesetzten Fleck, der jede Klarheit der Farbe und Kontur missen
ließ, anfangen sollte. Die nächste Generation hat sich bereits mit der neuen Methode
abgefunden.

Zum mindesten gleichwertig dem Triumphe der Kirche ist die Folge des Decius
Mus. Die Geschichte des römischen Konsuls, der sich für die bedrängte Heimat opfert,
ist bekannt. Die Barockzeit begnügt sich nicht mit der schlichten Erzählung, sie er-
läutert und erweitert den Vorgang durch allegorische Zugaben und Darstellungen.
Von besonderem Interesse ist ein Teppich, dessen Karton in der Lichtensteingalerie
den Namen Ajax und Kassandra führt, der in dem Textilienbestande der schwedischen
Krone als Mars und Rhea Silvia bezeichnet wird, der jedoch tatsächlich die Errettung
Romas durch den götterähnlichen Decius Mus sinnbildlich wiedergibt (Abb. 304,305). Die
Allegorie gehört mit zu den besten Arbeiten aus dem Atelier des Meisters. Die Decius-
folge wurde von Franz van den Hecke mindestens zweimal, voraussichtlich jedoch noch
öfters ausgeführt. Eine dritte Wiederholung von Jan Raes, der mit Franz van den
Hecke in enger, geschäftlicher Fühlung gestanden zu haben scheint, besitzt die Madrider
Staatssammlung. Ein Vergleich der erwähnten Allegorie in der Raes'schen und der
van den Hecke'schen Ausführung spricht für die letztere Manufaktur.

In wessen Auftrag Rubens die Urfolge entworfen hat, ist mit Sicherheit nicht nach-
zuweisen. Rooses schließt aus mehreren Briefen des Meisters an Sir Dudley Car-
leton, daß genuesische Edelleute, vielleicht die Pallavicini, die Besteller waren.

Es liegt die Vermutung nahe, daß die von Monsignore Barbier de Montault erwähnten
Teppiche — Todesweihe und Opferschau mit der vollen Signierung FRANCHOIS .
VAN DEN . HECKE — Stücke der frühesten Folge sind.

„Das Leben des Menschen" ist eine der eigenartigsten Teppichreihen des 17. Jahr-
hunderts. Als Patronenmaler kommt ein Rubensschüler in Betracht, der seine An-
regungen zum Teil aus den Stichen des Otto van Veen, des Großmeisters Lehrer,
schöpfte. Von einem Kopieren ist in keiner Weise die Rede, die Ähnlichkeit besteht
lediglich in der Verwendung des gleichen Stoffes und in gewissen Einzelheiten. Ein
Vergleich zwischen dem Teppich, der die „Einsicht des Alters" darstellt (Abb. 176) und
dem van Veen'schen Stiche (Abb. 182) spricht beredter wie lange Ausführungen. Die Folge
ist die letzte große allegorische Belehrung in Gestalt einer monumentalen Teppichreihe,
die den in den Tagen der Gotik und Renaissance so oft und eindringlich wiedergegebenen
Gedanken von dem Kampfe des Menschen mit den bösen Seelenkräften — den sieben
Todsünden — und seiner Erlösung durch Gnade und Tugend endgültig abschließt, Der
Triumph des Todes, der eigenartigste Teppich der Folge, fehlt in dem Madrider Textilien-
schatz; er ist in einer deutschen Sammlung, wohl in dem einzigen Exemplar erhalten
geblieben (Abb. 177).

Mit dem „Leben des Menschen" verquickt ist die Folge der „Liebe des Menschen",
die mehrfach mit den gleichen Figuren der ersteren Reihe arbeitet und zweifellos den-
selben Maler zum Entwerfer hat. Beide Serien tragen zumeist das Wirkermonogramm

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