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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (I. Teil, Band 1): Die Niederlande — Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.12244#0498
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Antwerpen

schließender kleiner Kontore, die mit mindestens sechsjähriger Mietzeit an die ver-
schiedenen Tapisseriehändler abgegeben werden. Die Baukosten belaufen sich auf
rund 15850 Gulden.

Die Verzinsung und Tilgung der aufgewandten Summe ist naturgemäß nur dann
möglich, wenn die Antwerpener Händler in weitestgehendem Maße veranlaßt werden,
sich der neuen Einrichtung zu bedienen. Bereits während des Baues regelt die Ver-
ordnung vom 23. März 1552 diese Frage (1). Der private Handel mit «tapitserien" und
„carpette" ist verboten, es sei denn, daß die betreffenden Häuser äußerlich keinerlei
Hinweis auf die Verkaufsstelle tragen. Eine Ausnahme machen die Niederlagen der
Wirkereien von Diest und Saint-Trond, ihnen wird eine Übergangsfrist von einem
Jahre bewilligt (2).

Die Verfügung steht in gewissem Widerspruche zu dem kaiserlichen Edikte vom
16. Mai 1544, das zwar eingehend das Maklerwesen regelt, zugleich — Absatz 60 —
aber auch den unmittelbaren Verkauf zuläßt: „Bien entendu toutesfois que sy le maistre
(ä quy la tapisserie sera) mesme veult faire vente de sa tapisserie sans user de cou-
retier, que faire le pourra et sans payer droict de couretage".

Die Verordnung vom Jahre 1553 erläutert die Art der Benutzung der Pant, die der
Aufsicht von vier Beamten untersteht. Die Kosten der Unterhaltung haben die Aus-
steller aufzubringen. Es beträgt die Gebühr für eine Brüsseler Folge von 60 bis 100 Bra-
banter Quadratellen Inhalt einen Sous; für eine gleichgroße Oudenaarder Reihe ist die
Hälfte zu entrichten. Für kleinere Wirkereien ist keine besondere Abgabe vorgesehen.
Tischteppiche werden dutzendweise mit ueen vert" besteuert. Ähnlich verhält es sich
mit den anderen Erzeugnissen, die zwar unter dem Namen Tapisserie gehandelt werden,
aber keine Wirkereien im eigentlichen Sinne sind wie die Bergame, die «dobbel
Stoffe" und andere mehr. Der Erlaß vom 21. Januar 1555 erfaßt einheitlich sämtliche
nach Antwerpen eingeführte Bildteppiche, der private Verkauf auswärtiger Wirkereien
wird endgültig untersagt, jedes Stück muß der Pant zugeführt werden. Die Verord-
nungen, die nur in großen Umrissen angedeutet werden können, sind auch insofern
von besonderem Interesse, als sie die Namen einer Reihe von Antwerpener Händlern
und Wirkern bringen (3).

Trotzdem scheint die Stadt mit der Amortisation der Neuanlage in Schwierigkeiten
geraten zu sein. Die 1554 aufgenommene Hypothek besteht 1675 noch in alter Höhe.

Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts bleibt die Antwerpener Pant die Zentrale des
gesamten flämischen Tapisseriehandels. Der im kaiserlichen Edikte von 1544 — Ab-
satz 58 — genehmigte zweite Markt von Bergen op Zoom gewinnt nie sonderliche
Bedeutung. Erst nach langen Verhandlungen erteilt am 17. August 1655 der Rat von
Brabant die Genehmigung zur Errichtung der Brüsseler Pant. An ein Konkurrenz-
unternehmen ist im übrigen bei dieser Neugründung nicht gedacht. Es handelt sich
in der Hauptsache um die Schaffung eines neuen Beleihungsinstituts.

Hand in Hand mit dem ins riesenhafte gesteigerten Tapisseriehandel arbeiten die
Teppich Wirkereien Antwerpens. Wir finden in keiner anderen Stadt Flanderns Folgen
so unterschiedlicher Art. Neben Erzeugnissen, die mit den besten Reihen Brüssels
wetteifern können — sie bilden die Mehrzahl — werden Verdüren geringer und ge-
ringster Qualität gefertigt. Die Lösung des scheinbaren Widerspruchs liegt in dem
kapitalistisch-freihändlerischen Geiste der maßgebenden Kreise begründet. Der Ant-
werpener Rat setzt dem Edikte vom 16. Mai 1544, das die obrigkeitliche Überwachung
und Eindämmung der neuen Wirtschaftsideen anstrebt, den schärfsten Widerstand
entgegen. Der Bürgermeister Heinrich de Berchem lehnt die Veröffentlichung der
angeblich den Freiheiten der Stadt zuwiderlaufenden Erlasse von 1544 und 1551 ab.
Nach längeren Verhandlungen — de Berchem verlangt Einsicht in das Original — be-
schließt der Rat von Brabant am 28. Juli 1562 die allgemein gültige Veröffentlichung
des Edikts in sämtlichen in Frage kommenden Orten der Erblande. Trotzdem werden
in Antwerpen die vorgeschriebenen sechswöchentlichen Betriebsrevisionen nur nach-
lässig ausgeübt, die scharfen Strafen, die fehlerhaft gearbeitete Wirkereien mit Heraus-

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