Antwerpen
schneiden, ja mit Verbrennen bedrohen, stehen lediglich auf dem Papier. Die Zänke-
reien zwischen Brüssel und Antwerpen, die sich namentlich auf den Mißbrauch der
Marke beziehen, gehen fast durch drei Jahrhunderte.
Die Archive der Stadt bieten ein unerschöpfliches Material über die weitverzweigten
Beziehungen der führenden Tapisseriemakler und Händler. Wenig dagegen erfahren
wir über den ortsansässigen Produzenten, den Wirker. Der Großhändler, sofern er
nicht zugleich Großwirker ist, steht in enger Fühlung mit den maßgebenden Manu-
fakturen von Tournai, Brüssel, Oudenaarde und Enghien, er besitzt mitunter auch ein
kleines, eigenes Atelier.
Von besonderem Interesse ist die von E. Soil(4) veröffentlichte Testamentsvollstreckung
(1539) des bekannten Tournaiser Händlers und Wirkers Arnould Poissonnier. Sie gibt
in vielfachen Belegen ein lebhaftes Bild der Beziehungen des Meisters zu dem Ant-
werpener Markte. Poissonnier unterhielt besondere Lager in Brügge — um 1515 auf-
gegeben —, Brüssel und Antwerpen. Sein Geschäftsfreund und Vertreter in der
Scheldemetropole war Jehan Ballincq, mit dem er zahlreiche große Verkäufe abschloß.
Bereits 1470 läßt der Magistrat von Tournai eine zu Geschenkzwecken bestimmte Folge
wde personnaiges domes (d'hommes) et de femmes sauvaiges" nicht in dem Heimats-
orte sondern auf dem Antwerpener Markte aufkaufen. Auch Pasquier Grenier, dessen
Hauptdepot sich in Brügge befindet, steht bereits 1460 mit Antwerpen in Verbindung.
Donnet bringt in seinem «Documents pour servir ä l'histoire des ateliers de tapisserie
de Bruxelles, Audenarde, Anvers etc." eine ausführliche Übersicht der Beziehungen
Antwerpener Tapisseriehändler zum Auslande, insbesondere zu England, Spanien und
Lothringen. Von Teppichlieferungen an Deutschland werden Sendungen aus den
Jahren 1490 und 1494 erwähnt. Corneille van Bombergen unterhält einen lebhaften
Verkehr mit Köln, der rheinischen Metropole. Noch 1508 übermittelt er dem Erz-
bischof sowohl Bildteppiche als auch Noten und feines Leinen. Die Beziehungen der
beiden Städte bleiben andauernd lebhaft; Antwerpener Kaufleute, so Wynand und
Johann de Moor (Moir), siedeln sich in Köln an oder errichten Filialen. 1564 führt
Ambrosius Spiritellus die Kunst des Seidenspinnens und Färbens in der neuen Heimat
ein. Der Versuch scheitert an dem Widerstreben der altansässigen Färber, die Spiri-
tellus vorwerfen, sein Verfahren bezwecke lediglich die betrügerische Beschwerung
der Seide. In seinen späteren Lebensjahren betreibt Johann Moir u. a. auch den
Tapisseriehandel. Die einschlägigen Prozeßakten des ehemaligen Reichskammergerichts
zu Wetzlar zeugen von dem jahrelangen Streite um die Folge des Calixtus «mit gold,
silber, seide und garn".
Nicht minder eng sind die Verbindungen Kursachsens und Antwerpens. Allein in
den Jahren 1499 und 1500 bezieht Friedrich HL, der Weise, durch Vermittlung seiner
Agenten Peter Bestolz und Johann Munthein für etwa 1000 Gulden golddurchwirkte
Wandbehänge. Johann Friedrich, der Großmütige, beauftragt in den dreißiger Jahren
des 16. Jahrhunderts verschiedentlich seinen Faktor Jakob Herrebrot mit dem Erwerb
von Wirkereien. Diesmal handelt es sich tatsächlich um Antwerpener Arbeiten. Ein
Meister Hans Freydmer Gerspratz wird genannt, Selbst, als um 1535 die erste säch-
sische Manufaktur in Torgau ihren Betrieb eröffnet, hören die Beziehungen zu der
Scheldemetropole nicht auf. Der Leiter Heinrich von der Hohenmuel reist verschie-
dentlich nach Antwerpen, um Wolle, Seide und Garn einzukaufen; sein Nachfolger
Hugo von dem Thale ist ein Kind der Stadt, wahrscheinlich ein Angehöriger der
Tapissierfamilie van Dale(5).
Ahnlich Hegen die Verhältnisse bei der Frankenthaler und Stuttgarter Kolonie. Jakob
de Cannes bezieht 1569 von «AntorfP u. a. das «Regal Papier zun Patronen" für
Nikolaus von Orleys Entwürfe der Folgen Herzog Christophs von Württemberg (6). Die
Beispiele lassen sich unschwer vermehren. Das Handelshaus der Fugger unterhält in
Antwerpen einen eigenen Faktor, Wolfgang Haller, der auch mit dem bekannten
Brüsseler Wirker Pieter van Aelst, wohl durch Vermittlung der Pant, lebhafte Be-
ziehungen pflegt.
29 Göbel, Waudteppiche.
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schneiden, ja mit Verbrennen bedrohen, stehen lediglich auf dem Papier. Die Zänke-
reien zwischen Brüssel und Antwerpen, die sich namentlich auf den Mißbrauch der
Marke beziehen, gehen fast durch drei Jahrhunderte.
Die Archive der Stadt bieten ein unerschöpfliches Material über die weitverzweigten
Beziehungen der führenden Tapisseriemakler und Händler. Wenig dagegen erfahren
wir über den ortsansässigen Produzenten, den Wirker. Der Großhändler, sofern er
nicht zugleich Großwirker ist, steht in enger Fühlung mit den maßgebenden Manu-
fakturen von Tournai, Brüssel, Oudenaarde und Enghien, er besitzt mitunter auch ein
kleines, eigenes Atelier.
Von besonderem Interesse ist die von E. Soil(4) veröffentlichte Testamentsvollstreckung
(1539) des bekannten Tournaiser Händlers und Wirkers Arnould Poissonnier. Sie gibt
in vielfachen Belegen ein lebhaftes Bild der Beziehungen des Meisters zu dem Ant-
werpener Markte. Poissonnier unterhielt besondere Lager in Brügge — um 1515 auf-
gegeben —, Brüssel und Antwerpen. Sein Geschäftsfreund und Vertreter in der
Scheldemetropole war Jehan Ballincq, mit dem er zahlreiche große Verkäufe abschloß.
Bereits 1470 läßt der Magistrat von Tournai eine zu Geschenkzwecken bestimmte Folge
wde personnaiges domes (d'hommes) et de femmes sauvaiges" nicht in dem Heimats-
orte sondern auf dem Antwerpener Markte aufkaufen. Auch Pasquier Grenier, dessen
Hauptdepot sich in Brügge befindet, steht bereits 1460 mit Antwerpen in Verbindung.
Donnet bringt in seinem «Documents pour servir ä l'histoire des ateliers de tapisserie
de Bruxelles, Audenarde, Anvers etc." eine ausführliche Übersicht der Beziehungen
Antwerpener Tapisseriehändler zum Auslande, insbesondere zu England, Spanien und
Lothringen. Von Teppichlieferungen an Deutschland werden Sendungen aus den
Jahren 1490 und 1494 erwähnt. Corneille van Bombergen unterhält einen lebhaften
Verkehr mit Köln, der rheinischen Metropole. Noch 1508 übermittelt er dem Erz-
bischof sowohl Bildteppiche als auch Noten und feines Leinen. Die Beziehungen der
beiden Städte bleiben andauernd lebhaft; Antwerpener Kaufleute, so Wynand und
Johann de Moor (Moir), siedeln sich in Köln an oder errichten Filialen. 1564 führt
Ambrosius Spiritellus die Kunst des Seidenspinnens und Färbens in der neuen Heimat
ein. Der Versuch scheitert an dem Widerstreben der altansässigen Färber, die Spiri-
tellus vorwerfen, sein Verfahren bezwecke lediglich die betrügerische Beschwerung
der Seide. In seinen späteren Lebensjahren betreibt Johann Moir u. a. auch den
Tapisseriehandel. Die einschlägigen Prozeßakten des ehemaligen Reichskammergerichts
zu Wetzlar zeugen von dem jahrelangen Streite um die Folge des Calixtus «mit gold,
silber, seide und garn".
Nicht minder eng sind die Verbindungen Kursachsens und Antwerpens. Allein in
den Jahren 1499 und 1500 bezieht Friedrich HL, der Weise, durch Vermittlung seiner
Agenten Peter Bestolz und Johann Munthein für etwa 1000 Gulden golddurchwirkte
Wandbehänge. Johann Friedrich, der Großmütige, beauftragt in den dreißiger Jahren
des 16. Jahrhunderts verschiedentlich seinen Faktor Jakob Herrebrot mit dem Erwerb
von Wirkereien. Diesmal handelt es sich tatsächlich um Antwerpener Arbeiten. Ein
Meister Hans Freydmer Gerspratz wird genannt, Selbst, als um 1535 die erste säch-
sische Manufaktur in Torgau ihren Betrieb eröffnet, hören die Beziehungen zu der
Scheldemetropole nicht auf. Der Leiter Heinrich von der Hohenmuel reist verschie-
dentlich nach Antwerpen, um Wolle, Seide und Garn einzukaufen; sein Nachfolger
Hugo von dem Thale ist ein Kind der Stadt, wahrscheinlich ein Angehöriger der
Tapissierfamilie van Dale(5).
Ahnlich Hegen die Verhältnisse bei der Frankenthaler und Stuttgarter Kolonie. Jakob
de Cannes bezieht 1569 von «AntorfP u. a. das «Regal Papier zun Patronen" für
Nikolaus von Orleys Entwürfe der Folgen Herzog Christophs von Württemberg (6). Die
Beispiele lassen sich unschwer vermehren. Das Handelshaus der Fugger unterhält in
Antwerpen einen eigenen Faktor, Wolfgang Haller, der auch mit dem bekannten
Brüsseler Wirker Pieter van Aelst, wohl durch Vermittlung der Pant, lebhafte Be-
ziehungen pflegt.
29 Göbel, Waudteppiche.
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