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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (I. Teil, Band 1): Die Niederlande — Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.12244#0087
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Technik

Eingehende Leitsätze über die Instandsetzung der Wandteppiche im Museumsbesitz
zu geben, erscheint überflüssig. Es versteht sich von selbst, daß derartige Stücke
außer den zur Erhaltung notwendigen Sicherungen und Reparaturen keine weiter-
gehenden Ergänzungen erfahren. Zweckmäßig wäre allerdings die Durchsicht der Be-
stände und die Ausmerzung der Fälschungen.

Die Abbildungen 42, 43, 44 und 45 zeigen verschiedene Behänge in dem ursprüng-
lichen, reparaturbedürftigen Zustand und nach ihrer Wiederherstellung. Die Arbeiten
sind teils von der Berliner, teils von der Münchener Gobelin-Manufaktur ausgeführt.
Die Abbildungen 20 und 21 eröffnen den Blick in den Reparatursaal des Berliner
Ateliers.

Schließlich dürften noch einige kurze Hinweise hinsichtlich der Behandlung alter Bild-
wirkereien zweckmäßig erscheinen. Die Grundübel, die über kurz oder lang die Zerstörung
der Behänge zur Folge haben müssen, sind Staub und Feuchtigkeit. Die Struktur des
Gewebes bedingt den Zutritt der Luft, wenn nicht ein Verstecken — vom Mottenfraß
gar nicht zu reden — eintreten soll. Je größer die Luftschicht zwischen Wand und
Teppich um so besser. Zum mindesten soll ein Freiraum von etwa 5 cm gewahrt
bleiben. Schädlich ist ferner der scharfe Temperaturwechsel, der die Spannungen in
den Wollen und Seiden allzu rasch wechseln läßt und letzten Endes ein Zermürben
zur Folge hat. Der ungünstige Einfluß allzu feuchter Luft — das Gewebe ist hygro-
skopisch — ist bereits erwähnt. Auch ständig scharf geheizte Räume machen einen
schädigenden Einfluß geltend. Das Wollenmaterial verliert seinen natürlichen Feuchtig-
keits- und Fettgehalt, es wird rauh und unansehnlich. Bildteppiche sind nicht unmittelbar
an Kaminen und Heizgliedern aufzuhängen. Es ist bekannt, daß durch die Luftzirkulation
ein ständiges Hochwirbeln des Staubes über den Körpern der Zentralheizung auftritt.
Der Wandteppich ist der gegebene Staubfänger; zwei Feinde stürmen gleichzeitig auf
ihn ein, Hitze und Schmutz. Ist es nicht möglich, den Behang an einer der Heizungsanlage
abgewandten Fläche unterzubringen, so sollten wenigstens die Glieder mit einer Umman-
telung — am besten durch Filtergaze — gedeckt, und die allzu große Trockenheit der
Luft durch Verdampfungsgefäße gemildert werden.

Das sicherste Mittel zur Erhaltung kostbarer Behänge beruht in der ständigen Be-
obachtung. W ird gegen die Motten rechtzeitig vorgegangen, so kann der Schaden nie
allzu groß werden. Frühjahr und Herbst sind die gegebenen Zeiten zur Imprägnierung
der Teppiche gegen Mottenfraß.

Eine gewisse Vorsicht ist bei dem Abnehmen und Reinigen umfangreicher Bildteppiche
zu beobachten. Die Behänge sind schwer, wird das Stück von Haken zu Haken ab-
genommen, so zerrt zuletzt das ganze Gewicht an einem kleinen Teile der oberen
Bordüre. Es ist zweckmäßig, die Arbeit von zwei Personen, von der Mitte nach den
Seiten zu, ausführen zu lassen; das enthakte Gewebe wird mit der Hand gestützt und
zum Schlüsse an beiden Enden gleichmäßig herabgelassen. Noch zweckmäßiger ist die
Anbringung einer beweglichen Stange, die mittels zweier Schnurenzüge heruntergelassen
werden kann; das Abhaken erfolgt hierauf am Boden.

Das Ausklopfen geht allmonatlich mit genügender Vorsicht unter Benutzung eines
breiten, gepolsterten Klopfers, der den Schlag auf eine größere Zahl Kettfäden verteilt,
von statten. Zum Abbürsten ist eine recht weiche Haarbürste zu verwenden, die die
feinen Glimmerhärchen nicht beschädigt oder gar abreißt.

Das Reinigen der alten Wandteppiche durch den Vakuum-Apparat ist mehrfach einer
kritischen Untersuchung unterzogen worden. Am eingehendsten behandelt ein Aufsatz
von Dr. John Böttiger und John Köhler diese nicht unwesentliche Frage (48).
Das Ergebnis der Untersuchungen verdammt nicht ohne weiteres den Staubsauger.
Der Vakuumapparat wird zum brauchbaren Hilfsmittel, sofern das möglichst breite
Mundstück nicht unmittelbar mit dem zu reinigenden Teppich in Berührung kommt,
da durch die Reibung, verbunden mit der Saugwirkung, unfehlbar ein Abreißen der
Faserteile eintritt. Am zweckmäßigsten wird der Behang mit einem Gazegewebe —
etwa 18 Fäden auf den Quadratzentimeter —, das nur unwesentlich die Wirkung

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