Technik
des Apparates beeinträchtigt, bedeckt; der Faserverlust vermindert sich auf ein
Minimum.
Der Aufbewahrung des Wandteppichs ist bereits gedacht. Ein Zusammenfalten auf
längere Zeit ist zu vermeiden. Am besten hat sich die bereits von Oudry empfohlene
Walze bewährt.
Farbengebung.
Gelegentlich der Ausfahrt Berninis mit Colbert, dem bekannten Minister Ludwigs XIV.,
und Herrn von Chantelou am Sonnabend, den 10. Oktober 1665, entspinnt sich ein
angeregtes Gespräch über Wesen und Eigenart des Bildteppichs. „Beim Entwerfen
von Teppich-Kartons", meint der berühmte Architekt und Bildhauer, „muß man beson-
ders auf die Valeurs achten. Wo z. B. in einem Gemälde sechs Stufen nötig sind,
dürfen im Teppich nur vier stehen, ähnlich wie bei den Mosaiken, weil sonst die
technische Ausführung zu schwierig wird. Der Cavaliere Lanfranco hat das in seinen
Mosaiken so gehalten, und er war Meister darin. Ich mußte zugeben, daß die Bild-
wirkereien der Gobelins technisch in der Tat hervorragend sind, besonders die von
Jausse (Jans). — Und wissen Sie, wie Jausse (Jans) angefangen hat, erwidert Colbert.
Als mittelmäßiger Handwerker. Er machte Teppichkopien, die miserabel waren, und
ich stand schon im Begriff, ihn aus den Gobelins fortzujagen. Da bat er um eine Probe-
frist: er hoffe, mir seine Kunst noch zu beweisen, denn bisher hätte er sich nur dem
Zeitgeschmack gefügt, der tüchtige Arbeiten weder zu würdigen verstanden noch ent-
sprechend besser entlohnt hätte als geringe. Und seit dieser Zeit haben Jausse (Jans)
und sein Sohn sich so vervollkommnet, daß der König dem Jungen 2000 Thaler zur
Hochzeit geschenkt hat". Auf der Rückfahrt von St. Denis spinnt sich das Kunstgespräch
fort. Leider erfährt man das Endergebnis der Diskussion nicht. „Colbert gab keine
Antwort mehr, er war eingeschlafen". Die Ausführungen Berninis sind in mehr wie
einer Hinsicht von außerordentlichem Interesse. Der Künstler wähnt die eigenartige
Abstufung der Farbentöne in der Schwierigkeit der Technik begründet. Die Annahme
enthält zweifelsohne viel Richtiges, ohne allerdings den Kern der Sache zu treffen. Wann
sich die für den Wandteppich charakteristische Farbenskala herausgebildet hat, ist in-
folge des starken Mangels frühmittelalterlicher Bildwirkereien kaum mit Sicherheit fest-
zustellen. Die ältesten abendländischen Behänge, die Fragmente (um 1000) aus St. Gereon
zu Köln (Abb. 46), die sich auf das Berliner Schloßmuseum, das Germanische National-
museum, das South Kensington Museum und die Lyoner Textilsammlung verteilen, arbeiten
mit mosaikartig nebeneinandergesetzten Farbenflecken. Charakteristisch ist die Anlage
der starken, roten Konturen. Nach dem gleichen Grundsatze baut sich der Baldisholteppich
im Kunstgewer bemuseum zu Kristiania auf. Auch der Engelteppich (um 1125) im Halber-
städter Dom zeigt noch keine durch Schraffen vermittelte Farbenübergänge. Die dreieckig
zugespitzten hellen und dunklen Farbenflecken im Halberstädter Apostelteppich dürften
kaum als Vorstufe zu werten sein. Die Abhängigkeit des Behanges von der zeit-
genössischen byzantinischen Malerei ist unverkennbar. Eine bewußte Zerlegung des
Uberganges von Dunkel zu Hell in Gestalt mehrerer nebeneinandergelegter Nuancen
der gleichen Farben zeigen die beiden Rückenlaken im städtischen Museum zu Frei-
burg (Abb. 47); die Wirkereien dürften der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ange-
hören. Im Gegensatze hierzu, läßt die im siebenten Jahrzehnt des 14. Säkulums be-
gonnene Apokalypse zu Angers bereits eine voll entwickelte Technik erkennen, die neben
der Mosaikmanier auch die Schraffenlösung kennt, vielfach auch von der Spaltenwirkung
Gebrauch macht. Die Arbeit setzt lange Erfahrung voraus. Die Arraser Teppiche des
beginnenden 15. Jahrhunderts verarbeiten das System der Schraffen mit künstlerischer
Vollendung. Sollte die Tatsache, daß die deutschen und die kleinen französischen
Manufakturen — Felletin — noch lange Zeit an der Mosaikmanier festhalten, nicht die
Schlußfolgerung nahelegen, die Schraffen als ein Ergebnis des kommerziell eingestellten
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des Apparates beeinträchtigt, bedeckt; der Faserverlust vermindert sich auf ein
Minimum.
Der Aufbewahrung des Wandteppichs ist bereits gedacht. Ein Zusammenfalten auf
längere Zeit ist zu vermeiden. Am besten hat sich die bereits von Oudry empfohlene
Walze bewährt.
Farbengebung.
Gelegentlich der Ausfahrt Berninis mit Colbert, dem bekannten Minister Ludwigs XIV.,
und Herrn von Chantelou am Sonnabend, den 10. Oktober 1665, entspinnt sich ein
angeregtes Gespräch über Wesen und Eigenart des Bildteppichs. „Beim Entwerfen
von Teppich-Kartons", meint der berühmte Architekt und Bildhauer, „muß man beson-
ders auf die Valeurs achten. Wo z. B. in einem Gemälde sechs Stufen nötig sind,
dürfen im Teppich nur vier stehen, ähnlich wie bei den Mosaiken, weil sonst die
technische Ausführung zu schwierig wird. Der Cavaliere Lanfranco hat das in seinen
Mosaiken so gehalten, und er war Meister darin. Ich mußte zugeben, daß die Bild-
wirkereien der Gobelins technisch in der Tat hervorragend sind, besonders die von
Jausse (Jans). — Und wissen Sie, wie Jausse (Jans) angefangen hat, erwidert Colbert.
Als mittelmäßiger Handwerker. Er machte Teppichkopien, die miserabel waren, und
ich stand schon im Begriff, ihn aus den Gobelins fortzujagen. Da bat er um eine Probe-
frist: er hoffe, mir seine Kunst noch zu beweisen, denn bisher hätte er sich nur dem
Zeitgeschmack gefügt, der tüchtige Arbeiten weder zu würdigen verstanden noch ent-
sprechend besser entlohnt hätte als geringe. Und seit dieser Zeit haben Jausse (Jans)
und sein Sohn sich so vervollkommnet, daß der König dem Jungen 2000 Thaler zur
Hochzeit geschenkt hat". Auf der Rückfahrt von St. Denis spinnt sich das Kunstgespräch
fort. Leider erfährt man das Endergebnis der Diskussion nicht. „Colbert gab keine
Antwort mehr, er war eingeschlafen". Die Ausführungen Berninis sind in mehr wie
einer Hinsicht von außerordentlichem Interesse. Der Künstler wähnt die eigenartige
Abstufung der Farbentöne in der Schwierigkeit der Technik begründet. Die Annahme
enthält zweifelsohne viel Richtiges, ohne allerdings den Kern der Sache zu treffen. Wann
sich die für den Wandteppich charakteristische Farbenskala herausgebildet hat, ist in-
folge des starken Mangels frühmittelalterlicher Bildwirkereien kaum mit Sicherheit fest-
zustellen. Die ältesten abendländischen Behänge, die Fragmente (um 1000) aus St. Gereon
zu Köln (Abb. 46), die sich auf das Berliner Schloßmuseum, das Germanische National-
museum, das South Kensington Museum und die Lyoner Textilsammlung verteilen, arbeiten
mit mosaikartig nebeneinandergesetzten Farbenflecken. Charakteristisch ist die Anlage
der starken, roten Konturen. Nach dem gleichen Grundsatze baut sich der Baldisholteppich
im Kunstgewer bemuseum zu Kristiania auf. Auch der Engelteppich (um 1125) im Halber-
städter Dom zeigt noch keine durch Schraffen vermittelte Farbenübergänge. Die dreieckig
zugespitzten hellen und dunklen Farbenflecken im Halberstädter Apostelteppich dürften
kaum als Vorstufe zu werten sein. Die Abhängigkeit des Behanges von der zeit-
genössischen byzantinischen Malerei ist unverkennbar. Eine bewußte Zerlegung des
Uberganges von Dunkel zu Hell in Gestalt mehrerer nebeneinandergelegter Nuancen
der gleichen Farben zeigen die beiden Rückenlaken im städtischen Museum zu Frei-
burg (Abb. 47); die Wirkereien dürften der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ange-
hören. Im Gegensatze hierzu, läßt die im siebenten Jahrzehnt des 14. Säkulums be-
gonnene Apokalypse zu Angers bereits eine voll entwickelte Technik erkennen, die neben
der Mosaikmanier auch die Schraffenlösung kennt, vielfach auch von der Spaltenwirkung
Gebrauch macht. Die Arbeit setzt lange Erfahrung voraus. Die Arraser Teppiche des
beginnenden 15. Jahrhunderts verarbeiten das System der Schraffen mit künstlerischer
Vollendung. Sollte die Tatsache, daß die deutschen und die kleinen französischen
Manufakturen — Felletin — noch lange Zeit an der Mosaikmanier festhalten, nicht die
Schlußfolgerung nahelegen, die Schraffen als ein Ergebnis des kommerziell eingestellten
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