Paris
schnell vonstatten; im Laufe von knapp drei Jahren ist die Fertigstellung der eisten
drei Teppiche erfolgt.
Machen wir uns das Werden der Folge klar, so unterliegt es keinem Zweifel,
daß die Einzelbehängo, gesondert in Teile zerlegt, in verschiedenen Werkstätten ent-
standen, ein Prozeß, der in den großen flämisch-brabantischen Ateliers später zu groben
Mißsländen und zahlreichen behördlichen Erlassen führt.
Jeder Teppich gliederte sich:
1. in die große Johannesfigur,
2. in die Wolkenpartie mit den musizierenden Engeln zu Häupten des obersten
Frieses,
3. in den blumigen Grund zu Füßen des unteren Streifens,
4. in die oberen,
5. in die unteren Episoden,
6. in die erläuternden Schriftbänder.
Die stark architektonische Struktur der Apokalypse schafft ohne weiteres riesige
Spalten parallel zur Kette, gleichlaufend mit den unter 2—6 angeführten Unter-
abteilungen; eine getrennte Bearbeitung war technisch geradezu bedingt, zum mindesten
recht verlockend. Nur aus der Tatsache dieser weitgehenden Arbeitsteilung, die in
den eingangs erörterten stilistisch werktechnischen Feststellungen ihre Bestätigung findet,
lassen sich die erheblichen Ungleichheiten in der Durchführung der einzelnen Teile
erklären. Die Einfachheit der Zeichnung und der glatte Grund begünstigten natur-
gemäß die Schnelligkeit der Durchführung. Die wesentlichste Frage ist nun, war
Nicolas ßataille ausübender Kunsthandwerker oder in erster Linie Wandteppichhändler,
in welchen Werkstätten entstanden die in Unterabteilungen zerlegten Behänge?
Ich habe bei Besprechung der Manufaktur Arras im I. Teile meiner „Wandteppiche"
(22) die Frage bereits gestreift. Die wirtschaftliche und soziale Schichtung der Wirker
ist im 14. Säkulum in Paris nicht wesentlich anders als in dem Hauptorte des Artois.
In Arras gehören die führenden „Tapissiers", — zumeist finden wir sie unter dem
terminus technicus „marchands de tapis", bisweilen auch als „hautelissiers" in den zeit-
genössischen Urkunden — durchgängig dem Patriziate der Stadt an. Sie entstammen
der alten, von den Zünften erbittert bekämpften „gilda mercatorum"; ihre Namen er-
scheinen wieder und immer wieder in den Schöffenlisten von Arras. Weder Vincent
Bourselte (f 1376) noch Huart Walois (f 1414) betätigen sich als Wirker im eigent-
lichen Sinne, sie sind Großkaufleuto, wenn auch nicht in der Auffassung der Neuzeit.
Sie handeln mit Wirkteppichen, Tuchen, Seidenstoffen — die Erzeugnisse von Damaskus
spielen eine wesentliche Rolle —, golddurchwirkten Brokatgeweben, wahrscheinlich
auch mit Wollen, Seiden und sonstigen Textilmaterialien. Andreas de Mouchi (Monchy)
betreibt in großem Maßstabe Wechselgeschäfte, Jehan Cosset, Perrot le Conte und
Michel Bernard ziehen neben dem Tapisserievertrieb einen nicht zu verachtenden
Gewinn aus der Steuerpacht und dem Weinumschlag. Selbst der Handel mit Gold-
schmiedearbeiten fällt in Cosset's vielseitiges Geschäftsgebahren. Nicht anders liegen
die Verhältnisse bei Rifflart Faimal, Jehan de Croisettes, Willeaume au Vaissel, Philippe
de la Vigne, Martin de Paris, baudin Fastoul, Mathieu d'Avions u. a. mehr, die bislang
in der Fachliteratur zu Unrecht als Kunsthandwerker ersten Ranges figurierten. Wir
müssen uns vergegenwärtigen, daß die Beziehungen zwischen Arras und Paris, bevor
die englisch-französischen Wirren den vernichtenden Keil zwischen die beiden Städte
trieben, äußerst rege waren, so intensiv, daß in vielen Fällen nicht unterschieden
werden kann, ob die in Paris verkauften Folgen Erzeugnisse der Metropole oder des
Artois sind. Fast alle führenden Wirkereihändler von Arras besitzen ausgedehnte
Lager in Paris; die burgundischen Herzöge, die durch ihre Abstammung, noch mehr
durch die verwickelte politische Lage auf das engste mit der Hauptstadt Frankreichs
liiert sind, erwerben weitaus die meisten ihrer kostbaren Serien nicht am Erzeugungs-
orte selbst, sondern in den Depots von Paris. Die urkundlichen Belege lassen es zudem
als völlig sicher erscheinen, daß die Arraser Bildwirkereien — die Piat- und Eleu-
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schnell vonstatten; im Laufe von knapp drei Jahren ist die Fertigstellung der eisten
drei Teppiche erfolgt.
Machen wir uns das Werden der Folge klar, so unterliegt es keinem Zweifel,
daß die Einzelbehängo, gesondert in Teile zerlegt, in verschiedenen Werkstätten ent-
standen, ein Prozeß, der in den großen flämisch-brabantischen Ateliers später zu groben
Mißsländen und zahlreichen behördlichen Erlassen führt.
Jeder Teppich gliederte sich:
1. in die große Johannesfigur,
2. in die Wolkenpartie mit den musizierenden Engeln zu Häupten des obersten
Frieses,
3. in den blumigen Grund zu Füßen des unteren Streifens,
4. in die oberen,
5. in die unteren Episoden,
6. in die erläuternden Schriftbänder.
Die stark architektonische Struktur der Apokalypse schafft ohne weiteres riesige
Spalten parallel zur Kette, gleichlaufend mit den unter 2—6 angeführten Unter-
abteilungen; eine getrennte Bearbeitung war technisch geradezu bedingt, zum mindesten
recht verlockend. Nur aus der Tatsache dieser weitgehenden Arbeitsteilung, die in
den eingangs erörterten stilistisch werktechnischen Feststellungen ihre Bestätigung findet,
lassen sich die erheblichen Ungleichheiten in der Durchführung der einzelnen Teile
erklären. Die Einfachheit der Zeichnung und der glatte Grund begünstigten natur-
gemäß die Schnelligkeit der Durchführung. Die wesentlichste Frage ist nun, war
Nicolas ßataille ausübender Kunsthandwerker oder in erster Linie Wandteppichhändler,
in welchen Werkstätten entstanden die in Unterabteilungen zerlegten Behänge?
Ich habe bei Besprechung der Manufaktur Arras im I. Teile meiner „Wandteppiche"
(22) die Frage bereits gestreift. Die wirtschaftliche und soziale Schichtung der Wirker
ist im 14. Säkulum in Paris nicht wesentlich anders als in dem Hauptorte des Artois.
In Arras gehören die führenden „Tapissiers", — zumeist finden wir sie unter dem
terminus technicus „marchands de tapis", bisweilen auch als „hautelissiers" in den zeit-
genössischen Urkunden — durchgängig dem Patriziate der Stadt an. Sie entstammen
der alten, von den Zünften erbittert bekämpften „gilda mercatorum"; ihre Namen er-
scheinen wieder und immer wieder in den Schöffenlisten von Arras. Weder Vincent
Bourselte (f 1376) noch Huart Walois (f 1414) betätigen sich als Wirker im eigent-
lichen Sinne, sie sind Großkaufleuto, wenn auch nicht in der Auffassung der Neuzeit.
Sie handeln mit Wirkteppichen, Tuchen, Seidenstoffen — die Erzeugnisse von Damaskus
spielen eine wesentliche Rolle —, golddurchwirkten Brokatgeweben, wahrscheinlich
auch mit Wollen, Seiden und sonstigen Textilmaterialien. Andreas de Mouchi (Monchy)
betreibt in großem Maßstabe Wechselgeschäfte, Jehan Cosset, Perrot le Conte und
Michel Bernard ziehen neben dem Tapisserievertrieb einen nicht zu verachtenden
Gewinn aus der Steuerpacht und dem Weinumschlag. Selbst der Handel mit Gold-
schmiedearbeiten fällt in Cosset's vielseitiges Geschäftsgebahren. Nicht anders liegen
die Verhältnisse bei Rifflart Faimal, Jehan de Croisettes, Willeaume au Vaissel, Philippe
de la Vigne, Martin de Paris, baudin Fastoul, Mathieu d'Avions u. a. mehr, die bislang
in der Fachliteratur zu Unrecht als Kunsthandwerker ersten Ranges figurierten. Wir
müssen uns vergegenwärtigen, daß die Beziehungen zwischen Arras und Paris, bevor
die englisch-französischen Wirren den vernichtenden Keil zwischen die beiden Städte
trieben, äußerst rege waren, so intensiv, daß in vielen Fällen nicht unterschieden
werden kann, ob die in Paris verkauften Folgen Erzeugnisse der Metropole oder des
Artois sind. Fast alle führenden Wirkereihändler von Arras besitzen ausgedehnte
Lager in Paris; die burgundischen Herzöge, die durch ihre Abstammung, noch mehr
durch die verwickelte politische Lage auf das engste mit der Hauptstadt Frankreichs
liiert sind, erwerben weitaus die meisten ihrer kostbaren Serien nicht am Erzeugungs-
orte selbst, sondern in den Depots von Paris. Die urkundlichen Belege lassen es zudem
als völlig sicher erscheinen, daß die Arraser Bildwirkereien — die Piat- und Eleu-
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