Frühes Mittelalter bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts
piohe in der gleichen Werkstatt entstanden sind, nicht ohne weiteres ausgeschlossen, eine
endgültige Beantwortung der Frage bleibt bei dem geringen Vergleichsmaterial immerhin
unsicher.
Das bedeutsamste Monument der Kunst Niedersachsens zu Beginn des 13. Säkulums ist
_stilistisch genommen — der in sechs Fragmenten uns überkommene Knüpf teppich
der Schloßkirche zu Quedlinburg — fünf Teile in der Schatzkammer, ein vereinzeltes
Bruchstück in der Wiener Sammlung Wilczek —, eine Arbeit, die schon ihrer Technik
halber aus dem Rahmen der vorliegenden Abhandlung fällt, die in einer späteren Zusam-
menfassung, die die abendländischen figuralen und ornamentalen Knüpfteppiche von der
Frühzeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts behandelt, eine besondere Stelle finden soll.
Nur kurz sei gesagt: als Verfertigerinnen sind die 1203 verstorbene Quedlinburger Äb-
tissin Agnes, die Tochter des Markgrafen Konrad von Meißen und ihre Klosterfrauen durch
eine urkundliche Niederschrift (um 1600) in der Stiftsbibliothek zu Quedlinburg eindeutig
festgestellt. Das damals noch vollständige Spruchband wird wörtlich angeführt. Der Knüpf-
teppich war als Geschenk der Äbtissin für den Papst bestimmt48). Ob die Arbeit bereits
1203, dem Jahre des Ablebens der kunstsinnigen Frau, vollendet war, erscheint aus stili-
stischen Gründen mindestens zweifelhaft. Als Motiv der Darstellung diente die im frühen
Mittelalter stark verbreitete Schrift des in Karthago in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts
lebenden heidnischen Gelehrten Martianus Gapella: „De nuptiis Philologiae et Mercurii"
(„Die Hochzeit des Merkur und der Philologie"). Wahrscheinlich wurde unmittelbar eine
spätantike Bilderhandschrift mit entsprechenden — unbewußten — Zugeständnissen an
den erneut entgegenkommenden Zeitgeschmack kopiert. Die Handlung rollte sich in fünf
horizontal übereinander geordneten, durch schmale Schriftbalken getrennte Reihen ab,
— es sind nur noch Bruchstücke des 1. 2. 3. und 5. Streifens erhalten —; eine ungewöhn-
lich reiche Bordüre49) faßte den riesenhaften Teppich.
Für unser Thema von wesentlichem Belang sind an dieser Stelle lediglich die Beziehungen
der „Hochzeit des Merkur und der Philologie" zu dem vorauf besprochenen Karlsteppich.
In beiden Fällen läuft die Kette im fertiggestellten Behänge senkrecht statt wagerecht,
als Material dient hier wie dort ein starker Hanfleinenfaden. Die Knüpfung hat mit der
orientalischen Technik nichts gemein. Der Farbenzirkel stimmt im wesentlichen mit der
Palette des Karlsteppichs überein, stilistisch lassen sich mehrfach Parallelen in der Durch-
bildung der Köpfe, in der Haltung der Gestalten, feststellen. Daß die „Hochzeit Merkurs"
in verschiedenen Abschnitten — mit entsprechenden Wandlungen — durchgeführt wurde,
ist allzu oft Thema der Besprechung gewesen, um erneut einer Erläuterung zu bedürfen.
Interessante Parallelen — Haltung der Figuren, Spruchbandschema — bietet der Vergleich
mit den Gestalten (die Weisen des Altertums) des noch teilweise erhaltenen Gips-Fuß-
bodens (zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts) in der Kirche des Benediktinerklosters S. Lud-
geri zu Helmstedt50).
Zum Schluß noch die kurze Erwähnung eines in Ungarn um 1152 tätigen Meisters
deutscher (?) Abstammung, mit Namen Petrus. Er verpflichtete sich laut Kontrakt jährlich
12 Teppiche für das Kloster St. Martinsberg (Pannonhalma) zu weben (ob identisch mit
„wirken"). Klargestellt ist die von ihm geübte Technik nicht51).
piohe in der gleichen Werkstatt entstanden sind, nicht ohne weiteres ausgeschlossen, eine
endgültige Beantwortung der Frage bleibt bei dem geringen Vergleichsmaterial immerhin
unsicher.
Das bedeutsamste Monument der Kunst Niedersachsens zu Beginn des 13. Säkulums ist
_stilistisch genommen — der in sechs Fragmenten uns überkommene Knüpf teppich
der Schloßkirche zu Quedlinburg — fünf Teile in der Schatzkammer, ein vereinzeltes
Bruchstück in der Wiener Sammlung Wilczek —, eine Arbeit, die schon ihrer Technik
halber aus dem Rahmen der vorliegenden Abhandlung fällt, die in einer späteren Zusam-
menfassung, die die abendländischen figuralen und ornamentalen Knüpfteppiche von der
Frühzeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts behandelt, eine besondere Stelle finden soll.
Nur kurz sei gesagt: als Verfertigerinnen sind die 1203 verstorbene Quedlinburger Äb-
tissin Agnes, die Tochter des Markgrafen Konrad von Meißen und ihre Klosterfrauen durch
eine urkundliche Niederschrift (um 1600) in der Stiftsbibliothek zu Quedlinburg eindeutig
festgestellt. Das damals noch vollständige Spruchband wird wörtlich angeführt. Der Knüpf-
teppich war als Geschenk der Äbtissin für den Papst bestimmt48). Ob die Arbeit bereits
1203, dem Jahre des Ablebens der kunstsinnigen Frau, vollendet war, erscheint aus stili-
stischen Gründen mindestens zweifelhaft. Als Motiv der Darstellung diente die im frühen
Mittelalter stark verbreitete Schrift des in Karthago in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts
lebenden heidnischen Gelehrten Martianus Gapella: „De nuptiis Philologiae et Mercurii"
(„Die Hochzeit des Merkur und der Philologie"). Wahrscheinlich wurde unmittelbar eine
spätantike Bilderhandschrift mit entsprechenden — unbewußten — Zugeständnissen an
den erneut entgegenkommenden Zeitgeschmack kopiert. Die Handlung rollte sich in fünf
horizontal übereinander geordneten, durch schmale Schriftbalken getrennte Reihen ab,
— es sind nur noch Bruchstücke des 1. 2. 3. und 5. Streifens erhalten —; eine ungewöhn-
lich reiche Bordüre49) faßte den riesenhaften Teppich.
Für unser Thema von wesentlichem Belang sind an dieser Stelle lediglich die Beziehungen
der „Hochzeit des Merkur und der Philologie" zu dem vorauf besprochenen Karlsteppich.
In beiden Fällen läuft die Kette im fertiggestellten Behänge senkrecht statt wagerecht,
als Material dient hier wie dort ein starker Hanfleinenfaden. Die Knüpfung hat mit der
orientalischen Technik nichts gemein. Der Farbenzirkel stimmt im wesentlichen mit der
Palette des Karlsteppichs überein, stilistisch lassen sich mehrfach Parallelen in der Durch-
bildung der Köpfe, in der Haltung der Gestalten, feststellen. Daß die „Hochzeit Merkurs"
in verschiedenen Abschnitten — mit entsprechenden Wandlungen — durchgeführt wurde,
ist allzu oft Thema der Besprechung gewesen, um erneut einer Erläuterung zu bedürfen.
Interessante Parallelen — Haltung der Figuren, Spruchbandschema — bietet der Vergleich
mit den Gestalten (die Weisen des Altertums) des noch teilweise erhaltenen Gips-Fuß-
bodens (zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts) in der Kirche des Benediktinerklosters S. Lud-
geri zu Helmstedt50).
Zum Schluß noch die kurze Erwähnung eines in Ungarn um 1152 tätigen Meisters
deutscher (?) Abstammung, mit Namen Petrus. Er verpflichtete sich laut Kontrakt jährlich
12 Teppiche für das Kloster St. Martinsberg (Pannonhalma) zu weben (ob identisch mit
„wirken"). Klargestellt ist die von ihm geübte Technik nicht51).