Frühes Mittelalter bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts
sind, die auch wahrscheinlich die Benutzung der hänfenen Kette erklären, die der Zug-
spannung entsprechend grob gewählt wurde: 4 Fäden auf den Zentimeter. Als Einschlag-
garn dient lediglich Wolle, von Leinen ist ganz abgesehen worden. Trotz der ungewöhn-
lichen Technik, die weitgehende Verzahnungen und Vernähungen der vielfach dem Kett-
fach parallel oder annähernd parallel verlaufenden Konturen mit sich brachte, ist die
rein wirkmäßige Durchbildung der Gesichter, der Hände, des Faltenwurfs eine so wohl
durchdachte, so zweckmäßig gewählte, daß es schwer fällt, an ein einzelnes Versuchsstück
zu glauben. Alles spricht vielmehr dafür, daß Teppiche im Hochviereckformat bereits
früher in größerem Umfange in Quedlinburg oder Halberstadt gewirkt worden sind.
In dem rhombischen blauen, grün gerahmten Mittelfelde thront Kaiser Karl in gelbem
Kleid und rotem Mantel, in der Linken das Zepter, die Rechte in deutender Geste erhoben,
auf niedrigem Sitz mit vorgestelltem Fußschemel. Schriftbalken fassen, der Raute folgend,
den Rhombus43). In dem unteren linken Zwickel sitzt Gato ■— „CATO" — in rotem Kleid,
blauem, rot gemustertem Übergewand und grünem Mantel; quer über die Figur läuft etwas
störend ein lateinisches Spruchband (DENIGRAT ■ MERITUM ■ DANTIS ■ MORA); als
Partner ruht rechts unten Seneca — „SENECA" — auf ähnlichem Sitz, in rotem Kleid und
grünem Mantel. Von den oberen Figuren sind nur noch die Unterkörper und Teile der
Spruchbänder sichtbar. Ob Sokrates und Plato, wie Lessing annimmt?44). Entsprechend der
Rahmung des Mittelfeldes ist der Grund, gegen den die Weisen gestellt sind, in den gleichen
Tönen — blau mit grünem Rande — gehalten. Das Gesamtrechteck wird wiederum durch
einen die vier Seiten umlaufenden Spruchbalken — ,,. . . DIV ■ QUERITUR ■ VIX ■ IN-
VENITUR • DIFICILIUS" — gerahmt, an den sich die eigentliche Bordüre — Palmetten
in Blau, Rot, Grün, Gelb auf dunkelbraunem Grunde — anschloß. Hinsichtlich der Vorlage,
die dem Zeichner als Anregung diente, besteht kaum ein Zweifel; auch die Wahl Karls
des Großen als Hauptfigur des Behanges kann nicht wundernehmen, gilt doch der Herr-
scher von altersher als Gründer des Bistums Halberstadt. Über die geistige Einstellung der
Spruchbänder zu handeln, die in elegischer Weise betonen, daß Ehre, Kraft, Schönheit und
Jugend ach so vergängliche, wenn auch so köstliche Dinge sind, die den Gedankengang des
Vanitas vanitatum durch die Sprüche der Weisen des Altertums erhärten, die ähnlich wie
in den folgenden Jahrhunderten immer und immer wieder Eidzeugen in der Antike suchen
und finden, dürfte sich an dieser Stelle erübrigen. Als Vorlage diente, wie B. Kurth m. E.
richtig annimmt45), eine illuminierte Schrift der karolingischen Epoche46). Ob es sich um
eine unmittelbare Kopie handelt47), oder ob der Zeichner an Hand der Vorlage frei dis-
ponierte, läßt sich nur schwer entscheiden. Die grellen Kontraste des Leinenweiß, die den
ersten Halberstädter Teppich völlig beherrschen, ihm den düsteren schweren Ernst ver-
leihen, die in dem Apostelbehang zwar zurückgedrängt, aber noch deutlich erkennbar sind,
linden sich nirgends mehr; das sparsam verwandte Grauweiß der Wolle fügt sich un-
aufdringlich in die Farbenharmonie, die das Heftige, Schroffe, Gewaltsame, zugunsten eines
zwar lebhaften, bunten aber leichteren Farbenzirkels aufgegeben hat. Die Entstehungszeit
des Kaiser-Karl-Behanges fällt nach seinem stilistischen Befund in die ersten Jahre des
13. Jahrhunderts.
Als Werkstatt dürfte nur bedingt die Manufaktur der beiden früheren Behänge in Frage
kommen. Die technischen Unterschiede erklären sich im wesentlichen durch die logischen
Folgerungen, die die Verwendung des wagrechten Faches (im fertigen Teppich senkrechte
Kette) mit sich bringt, die Spaltwirkungen fast ganz ausschließt, glatte Konturlinien, die
dem Kettfaoh annähernd parallel laufen, in scheinbare Striohelungen wandelt, die in Wirk-
lichkeit nur Schattenlinien sind, die in den Anschlüssen zu den hellen Partien notgedrungen
mit kleinen Spalten absetzen, durch das Gewicht des Teppichs, wenn auch nicht allzu
stark, noch vergrößert. Rein technisch genommen, ist die Möglichkeit, daß alle drei Tep-
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sind, die auch wahrscheinlich die Benutzung der hänfenen Kette erklären, die der Zug-
spannung entsprechend grob gewählt wurde: 4 Fäden auf den Zentimeter. Als Einschlag-
garn dient lediglich Wolle, von Leinen ist ganz abgesehen worden. Trotz der ungewöhn-
lichen Technik, die weitgehende Verzahnungen und Vernähungen der vielfach dem Kett-
fach parallel oder annähernd parallel verlaufenden Konturen mit sich brachte, ist die
rein wirkmäßige Durchbildung der Gesichter, der Hände, des Faltenwurfs eine so wohl
durchdachte, so zweckmäßig gewählte, daß es schwer fällt, an ein einzelnes Versuchsstück
zu glauben. Alles spricht vielmehr dafür, daß Teppiche im Hochviereckformat bereits
früher in größerem Umfange in Quedlinburg oder Halberstadt gewirkt worden sind.
In dem rhombischen blauen, grün gerahmten Mittelfelde thront Kaiser Karl in gelbem
Kleid und rotem Mantel, in der Linken das Zepter, die Rechte in deutender Geste erhoben,
auf niedrigem Sitz mit vorgestelltem Fußschemel. Schriftbalken fassen, der Raute folgend,
den Rhombus43). In dem unteren linken Zwickel sitzt Gato ■— „CATO" — in rotem Kleid,
blauem, rot gemustertem Übergewand und grünem Mantel; quer über die Figur läuft etwas
störend ein lateinisches Spruchband (DENIGRAT ■ MERITUM ■ DANTIS ■ MORA); als
Partner ruht rechts unten Seneca — „SENECA" — auf ähnlichem Sitz, in rotem Kleid und
grünem Mantel. Von den oberen Figuren sind nur noch die Unterkörper und Teile der
Spruchbänder sichtbar. Ob Sokrates und Plato, wie Lessing annimmt?44). Entsprechend der
Rahmung des Mittelfeldes ist der Grund, gegen den die Weisen gestellt sind, in den gleichen
Tönen — blau mit grünem Rande — gehalten. Das Gesamtrechteck wird wiederum durch
einen die vier Seiten umlaufenden Spruchbalken — ,,. . . DIV ■ QUERITUR ■ VIX ■ IN-
VENITUR • DIFICILIUS" — gerahmt, an den sich die eigentliche Bordüre — Palmetten
in Blau, Rot, Grün, Gelb auf dunkelbraunem Grunde — anschloß. Hinsichtlich der Vorlage,
die dem Zeichner als Anregung diente, besteht kaum ein Zweifel; auch die Wahl Karls
des Großen als Hauptfigur des Behanges kann nicht wundernehmen, gilt doch der Herr-
scher von altersher als Gründer des Bistums Halberstadt. Über die geistige Einstellung der
Spruchbänder zu handeln, die in elegischer Weise betonen, daß Ehre, Kraft, Schönheit und
Jugend ach so vergängliche, wenn auch so köstliche Dinge sind, die den Gedankengang des
Vanitas vanitatum durch die Sprüche der Weisen des Altertums erhärten, die ähnlich wie
in den folgenden Jahrhunderten immer und immer wieder Eidzeugen in der Antike suchen
und finden, dürfte sich an dieser Stelle erübrigen. Als Vorlage diente, wie B. Kurth m. E.
richtig annimmt45), eine illuminierte Schrift der karolingischen Epoche46). Ob es sich um
eine unmittelbare Kopie handelt47), oder ob der Zeichner an Hand der Vorlage frei dis-
ponierte, läßt sich nur schwer entscheiden. Die grellen Kontraste des Leinenweiß, die den
ersten Halberstädter Teppich völlig beherrschen, ihm den düsteren schweren Ernst ver-
leihen, die in dem Apostelbehang zwar zurückgedrängt, aber noch deutlich erkennbar sind,
linden sich nirgends mehr; das sparsam verwandte Grauweiß der Wolle fügt sich un-
aufdringlich in die Farbenharmonie, die das Heftige, Schroffe, Gewaltsame, zugunsten eines
zwar lebhaften, bunten aber leichteren Farbenzirkels aufgegeben hat. Die Entstehungszeit
des Kaiser-Karl-Behanges fällt nach seinem stilistischen Befund in die ersten Jahre des
13. Jahrhunderts.
Als Werkstatt dürfte nur bedingt die Manufaktur der beiden früheren Behänge in Frage
kommen. Die technischen Unterschiede erklären sich im wesentlichen durch die logischen
Folgerungen, die die Verwendung des wagrechten Faches (im fertigen Teppich senkrechte
Kette) mit sich bringt, die Spaltwirkungen fast ganz ausschließt, glatte Konturlinien, die
dem Kettfaoh annähernd parallel laufen, in scheinbare Striohelungen wandelt, die in Wirk-
lichkeit nur Schattenlinien sind, die in den Anschlüssen zu den hellen Partien notgedrungen
mit kleinen Spalten absetzen, durch das Gewicht des Teppichs, wenn auch nicht allzu
stark, noch vergrößert. Rein technisch genommen, ist die Möglichkeit, daß alle drei Tep-
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