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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 1): Die germanischen und slawischen Länder: Deutschland einschließlich Schweiz und Elsass (Mittelalter), Süddeutschland (16. bis 18. Jahrhundert) — Leipzig, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.13167#0214
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C. Süddeutschland.

I. Oberbayern.

1. München.

a) Wirkereibetriebe des 16. Jahrhunderts.

Für die Annahme, daß bereits im Mittelalter in München Wirkereimanufakturen bestan-
den, spricht ein Inventar aus der Zeit Albrechts V., das u. a. erwähnt: „Item ain alter lann-
ger tebich mit khriegssachen, ist ungeverlichen zehen eilen lang, fünffthalb hoch und zu
München gemacht worden 1493"1). Die gleiche Position kehrt wieder in dem Inventar vom
I.Juli 16382): „zwei gar alte lange Tappezereien darinen Ritterspill oder Turnier mit der
Jahrzahl 1493". Bemerkenswert ist die Tatsache, daß um 1570 nur ein Behang, dagegen
1638 deren zwei erwähnt werden. Wurde der ursprüngliche wohl sehr lange Teppich ge-
teilt? Struktur und Abmessungen der Folge lassen unzweideutig darauf schließen, daß es
sich um niederländische — wohl Tournaiser — Meister handelt, die in dem endenden
15. Säkulum sich in München betätigten. Die Annahme eines größeren Atelierbetriebes
findet eine gewisse Bestätigung in zwei weiteren Stücken, die das Inventar von 1638 nennt:
„ein alter gefiehrter Teppich mit der Jahrzahl 1491, widerumb ein gar alt gefiertes Tappe-
zerei stuckh, mit büldern ohne Jahrzahl". Ob die „13 Küss yber Züge von gewürckhter Ar-
beit, darunter ains mit der Jahrzahl 1451" mit der erwähnten Münchener Werkstatt im Zu-
sammenhang stehen, ist mehr als fraglich. Möglicherweise handelt es sich um deutsche
Arbeiten. Gewißheit besteht nicht, um so weniger als schon in verhältnismäßig frühen Zeit-
spannen das Herzogshaus auch ausgesprochen heraldische Behänge in den Niederlanden
wirken ließ: „20 Alte Niderlendische Tappezereien mit Pfälzisch vnd Hessischem Wappen
(Inventar vom 1. VII. 1638)".

Der erste landesherrliche, mit unzulänglichen Mitteln unternommene Versuch, die Bild-
wirkerei (?) in München heimisch zu machen, datiert aus dem Jahre 1562. Die Hofzahl-
amtsrechnungen nennen unter dem Titel „Tapecerey" verschiedene, dem „welschen Tapi-
ciermeister" — wohl identisch mit Alexander Treviso — geleistete Zahlungen3); es handelt
sich augenscheinlich um die von ihm beschafften Rohmaterialien. Sein Jahressold in Höhe
von 180 Gulden erscheint gesondert im Ansatz. Bemerkenswert sind die hohen Ausgaben für
die aus Augsburg bezogenen „44 Puoch geschlagenes Silber", Materialien, die lediglich für
Ledertapeten in Frage kommen. Dem Meister wird ein Lehrling zur Ausbildung überwiesen
und ein Beköstigungsgeld (25 Gulden) gewährt: „Mer bezallt Ime für den Puoben von
Georgi anno 62 auf Georgi A° 63 . . .25 fl". In der Rechnung des Jahres 1563 erscheinen
„Allexannder Tapeciermaister" mit 180 Gulden Sold, der Junge mit 25 Gulden und ein
Marx Ellsesser in Augsburg „vmb Silber" mit rund 90 Gulden; als Wollenlieferant betätigt
sich Leonhart Hörmann. Die Gesamtausgabe des Jahres beläuft sich auf 362 Gulden 3 Pf.
Mit geringen Abweichungen wiederholt sich das Spiel 1564 (304 Gulden), 1565 (386 Gul-
den), 1566 (471 Gulden); es finden sich ferner Posten für Färberlohn und geliefertes Gold.

Beachtenswert ist eine unter dem Titel „Ainzige Ausgabe" (fol 348) gebuchte Anweisung:
„Gräfinger tebichmacher vmb arbeit 8 fl. 4 ß". Meister Gräfmger zählt nicht zu dem Stabe
des amtlichen Tapeciermeisters, er betreibt augenscheinlich in München eine selbständige

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