4. Danzig.
Marienburg.
Die Geschichte der Danziger Wandteppichwirkerei bietet ein eigenartig wechselndes Bild.
Zu langjährigen Niederlassungen einheimischer oder eingewanderter Meister ist es niemals
gekommen. Die früheste Nachricht datiert aus dem Jahre 1560. Remigius Delator, der be-
reits 1546 der Königin von Schweden ein „gyldenstycke" einen goldgewirkten Wandtep-
pich mit Christi Taufe im Jordan liefert und als Entgelt acht Tonnen Butter erhält53), ist
vor 1561 für den kunstsinnigen polnischen Magnaten Johann Kostka, den Kastellan von
Danzig — übrigens kein Freund der Stadt —•, der Majestät von Polen und des Landes
Preußen Schatzmeister, tätig. Kostka empfiehlt den Wirker mit warmen Worten. Delator
wird herzoglicher Teppichmacher in Königsberg. Ob der Meister in Kostkas Diensten in
Danzig, Marienburg, Kulm oder Elbing saß, läßt sich aus den Urkunden nicht mit Sicher-
heit feststellen.
Wenige Jahre später erscheint Roderigo Dermolen, ein jüngeres Mitglied des bekannten
Brüsseler Wirkergeschlechtes der Dermoyen (der Moyen, d'Armoyen)54). Wie sein Vorgän-
ger befaßt sich der Meister vorerst mit Lieferungen nach Schweden. König Erik XIV. er-
wirbt 1561 von Roderich der Moijenn eine aus elf Behängen zusammengestellte Folge mit
Episoden aus dem Leben des Kaisers Augustus mit insgesamt 6145/8 Quadratellen55). Ähn-
lich wie Delator, der seine Tätigkeit in Wismar begann, grast Dermoien die Ostseeküste ab.
Er läßt sich als Wirker in Lübeck nieder und betreibt seine Werkstatt in einem 1563 er-
worbenen Hause in der Johannisstraße. Des Meisters Arbeiten in dem alten Vorort der
Hansa werden mehrfach durch Reisen nach Danzig, Marienburg und Polen unterbrochen.
Sigismund August, Polens Herrscher, ein begeisterter Liebhaber reicher Textilien, setzt
seinem „getreuen Diener Roderigo Dermeyen" einen Jahressold aus, der noch 1564 gezahlt
wird. Zu Beginn der sechziger Jahre arbeitet Meister Roderich auf polnischen Kronschlös-
sern. Am 12. Mai 1564 schreibt König Sigismund August vom Schlosse Knyszyn aus, wo
auch sein Wirker weilt, an Johann Kostka: „Wir senden dort zu Euch diesen Roderic Der-
moien, unseren Diener, damit Ihr ihm wegen dieser Cortinae eine genügende Hilfe gebet,
so wie Wir es Euch in Warschau gesagt haben und Ihr sollt darnach trachten, damit diese
Cortinae so schnell wie möglich fertig gemacht und uns geschickt werden..."56). Die
Motive der Wandteppiche (cortinae) werden leider nicht genannt. Auf jeden Fall arbeitet
Dermoien mindestens ein oder zwei Jahre unter der besonderen Aufsicht Johann Kostkas.
Ob der Magnat ihm in Danzig oder in einem anderen nahegelegenen Orte (Marienburg?)
Werkstatträume zuwies, steht dahin. Meister Roderigo verstirbt 1576 in Lübeck, seine Witwe
Maria und die Kinder Roderigo, Johannes und Anneke treten das Erbe an.
Juni 1580 bezieht der herzogliche Hof zu Königsberg von dem „Teppichmacher in Dan-
zig 22 Ellen Teppiche" zum Preise von 42 Mk 30 Sch57). Der Name des Wirkers und das
Motiv der Darstellung werden nicht genannt. Wahrscheinlich handelt es sich um Jost von
Mollenbrock (Mollenburg), der sich um 1565 als Wirker in Danzig niederläßt; er arbeitete
zuvor (1559) in Krakau. Sein gleichnamiger Sohn bewirbt sich 1589 um das Danziger
Bürgerrecht. Er sei ein „teppezereyenmacher", sein vor 1589 verstorbener Vater habe die
gleiche Kunst geübt, er sei aus Flandern von „Auwenadt" (Oudenaarde) eingewandert, als
er (der Antragsteller) erst eineinhalb Jahre alt gewesen sei. Meister Jost wechselt später den
Beruf, er wird 1595 als Danziger Bürger und „Bortemacher" geführt.
140
Marienburg.
Die Geschichte der Danziger Wandteppichwirkerei bietet ein eigenartig wechselndes Bild.
Zu langjährigen Niederlassungen einheimischer oder eingewanderter Meister ist es niemals
gekommen. Die früheste Nachricht datiert aus dem Jahre 1560. Remigius Delator, der be-
reits 1546 der Königin von Schweden ein „gyldenstycke" einen goldgewirkten Wandtep-
pich mit Christi Taufe im Jordan liefert und als Entgelt acht Tonnen Butter erhält53), ist
vor 1561 für den kunstsinnigen polnischen Magnaten Johann Kostka, den Kastellan von
Danzig — übrigens kein Freund der Stadt —•, der Majestät von Polen und des Landes
Preußen Schatzmeister, tätig. Kostka empfiehlt den Wirker mit warmen Worten. Delator
wird herzoglicher Teppichmacher in Königsberg. Ob der Meister in Kostkas Diensten in
Danzig, Marienburg, Kulm oder Elbing saß, läßt sich aus den Urkunden nicht mit Sicher-
heit feststellen.
Wenige Jahre später erscheint Roderigo Dermolen, ein jüngeres Mitglied des bekannten
Brüsseler Wirkergeschlechtes der Dermoyen (der Moyen, d'Armoyen)54). Wie sein Vorgän-
ger befaßt sich der Meister vorerst mit Lieferungen nach Schweden. König Erik XIV. er-
wirbt 1561 von Roderich der Moijenn eine aus elf Behängen zusammengestellte Folge mit
Episoden aus dem Leben des Kaisers Augustus mit insgesamt 6145/8 Quadratellen55). Ähn-
lich wie Delator, der seine Tätigkeit in Wismar begann, grast Dermoien die Ostseeküste ab.
Er läßt sich als Wirker in Lübeck nieder und betreibt seine Werkstatt in einem 1563 er-
worbenen Hause in der Johannisstraße. Des Meisters Arbeiten in dem alten Vorort der
Hansa werden mehrfach durch Reisen nach Danzig, Marienburg und Polen unterbrochen.
Sigismund August, Polens Herrscher, ein begeisterter Liebhaber reicher Textilien, setzt
seinem „getreuen Diener Roderigo Dermeyen" einen Jahressold aus, der noch 1564 gezahlt
wird. Zu Beginn der sechziger Jahre arbeitet Meister Roderich auf polnischen Kronschlös-
sern. Am 12. Mai 1564 schreibt König Sigismund August vom Schlosse Knyszyn aus, wo
auch sein Wirker weilt, an Johann Kostka: „Wir senden dort zu Euch diesen Roderic Der-
moien, unseren Diener, damit Ihr ihm wegen dieser Cortinae eine genügende Hilfe gebet,
so wie Wir es Euch in Warschau gesagt haben und Ihr sollt darnach trachten, damit diese
Cortinae so schnell wie möglich fertig gemacht und uns geschickt werden..."56). Die
Motive der Wandteppiche (cortinae) werden leider nicht genannt. Auf jeden Fall arbeitet
Dermoien mindestens ein oder zwei Jahre unter der besonderen Aufsicht Johann Kostkas.
Ob der Magnat ihm in Danzig oder in einem anderen nahegelegenen Orte (Marienburg?)
Werkstatträume zuwies, steht dahin. Meister Roderigo verstirbt 1576 in Lübeck, seine Witwe
Maria und die Kinder Roderigo, Johannes und Anneke treten das Erbe an.
Juni 1580 bezieht der herzogliche Hof zu Königsberg von dem „Teppichmacher in Dan-
zig 22 Ellen Teppiche" zum Preise von 42 Mk 30 Sch57). Der Name des Wirkers und das
Motiv der Darstellung werden nicht genannt. Wahrscheinlich handelt es sich um Jost von
Mollenbrock (Mollenburg), der sich um 1565 als Wirker in Danzig niederläßt; er arbeitete
zuvor (1559) in Krakau. Sein gleichnamiger Sohn bewirbt sich 1589 um das Danziger
Bürgerrecht. Er sei ein „teppezereyenmacher", sein vor 1589 verstorbener Vater habe die
gleiche Kunst geübt, er sei aus Flandern von „Auwenadt" (Oudenaarde) eingewandert, als
er (der Antragsteller) erst eineinhalb Jahre alt gewesen sei. Meister Jost wechselt später den
Beruf, er wird 1595 als Danziger Bürger und „Bortemacher" geführt.
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