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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0223
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Schweden

Thronerben; er unternimmt im Auftrage seines Herrn mehrfach Reisen nach den Nieder-
landen, einesteils um Einkäufe zu erledigen, andernteils um Wirker zu werben. 1560 er-
scheinen in Kalmar, wo der Betrieb bereits 1558 einsetzte, die Flamen Gilius Meerman,
Hans (Johann) Mattsson (Mattens), Stefan Dulert, Hans Meleman und Merthe Buem (?)
neben den Schweden Jons Hansson und Gabriel Larsson, Nils Olsson und Steffan Larsson.
1561 erfolgt die Verlegung des Betriebes von Kalmar nach Stockholm2), wo Nils Eskilsson
mit sechs bis sieben Lehrlingen die Arbeit fortsetzt.

Paul de Bucher verbleibt mit einem Wirkerstamm in Svartsjö: (1564) Anton Martens,
Michel Briecker, Hans von der Peer, Gilius Schelkens, Henrick Uttersprock, Jören von der
Heyde. Das Pestjahr 1565 dezimiert die Svartsjöer Kolonie; es sterben, außer dem Leiter
Paul de Bucher, zwei seiner Gehilfen; die Überlebenden siedeln nach dem gleichfalls stark
mitgenommenen Stockholmer Atelier3) über, das 1566 durch Jürgen Ladau und die drei
Schweden Clemetson, Erik Hansson und Gabriel (Andersson?) aufgefüllt wird. Seit 1567
erscheinen der frühere Lehrling Gabriel Larsson, ferner Henrik van der Heist, Antonius
Drolant, Michel Wagener und Velam Drolant.

Maßgebend für die Art der von den verschiedenen Werkstättenleitern und den ihnen
unterstellten Meistern und Gesellen ausgeführten Arbeiten ist naturgemäß in erster Linie
ihre Abstammung, d. h. die Eigenart der technischen Ausbildung.

Charakteristisch ist zunächst die Tatsache, daß fast keiner der in Gripsholm, Svartsjö,
Kalmar und Stockholm tätigen Wirker führenden niederländischen Tapissiersfamilien an-
gehört. Der Wirkerstamm rekrutiert sich, der politisch-religiösen Einstellung Schwedens
entsprechend, in erster Linie aus dem protestantischen Norden der Niederlande, aus Ant-
werpen, Delft, Amsterdam usw. Die Kolonie wird verstärkt durch Oudenaarder, wohl auch
durch Brüsseler Flüchtlinge. Erschwerend für etwaige Rückschlüsse sind die stark ent-
stellten Namen. Van Santhro ist möglicherweise ein Abkömmling der Antwerpener Wirker
van Santvoort; Meerman entstammt den Antwerpener Merman; Dulert dürfte ein Mitglied
der Antwerpen-Tournaiser Tapissierfamilie der Duelle sein; Schelkens ist wahrscheinlich
mit den Schellinck der alten Handelsmetropole identisch. Von der Heyde gehört der Brüs-
seler Familie der van der Heyden an, entsprechend liegen die Verhältnisse bei Mattens:
Mettens. Anders Claesz nennt aller Voraussicht nach Amsterdam seinen Geburtsort — die
Claeszn finden sich in zahlreichen Vertretern —; Paul de Bucher ist wahrscheinlich mit den
Amsterdamer de Buck verwandt; stark sind die Oudenaarder vertreten: Wagener — de
Waghenere, van Puul: van den Poele, van der Peer: van de Perre.

Die Schwierigkeiten in der Zuweisung von Behängen wird noch wesentlich vermehrt
durch die Unsicherheit, die hinsichtlich der für die schwedischen Ateliers tätigen Patronen-
zeichner besteht. Wurden die Künstler, die von 1540 bis 1550 auf Gripsholm und Svartsjö
als Maler beschäftigt waren, auch als Entwerfer von Wandteppichen herangezogen? Dok-
tor John Böttiger bringt vorschlagsweise den in Schweden tätigen Nürnberger Meister Lode-
wig Klockedon (Glockendon) mit dem Christus-Maria-Behang (Abb. 164, H. 1,75 m,
L. 2,32 m), der gemäß Datierung 1554 seine Vollendung fand, in Verbindung. Die Möglich-
keit ist, soweit die Innendarstellung in Frage kommt, nicht von der Hand zu weisen; die
Bordüre dagegen mit den Wappen der schwedischen Adelsgeschlechter Stenbock — Gustav
Olofsson Stenbock ist der Schwiegervater König Gustavs — und Leijonhufvud — Brita
Eriksdotter Leijonhufvud ist die Schwester der Königin Margarete, der zweiten Gattin
Gustav Wasas — zeigt typisch flämisches, speziell Brüsseler Gepräge. Bemerkenswert
ist der Fliesenbelag der Halle: Platten mit dem Doppeladler des Heiligen Römischen
Reiches, abwechselnd mit ovalen Marmortafeln. Ist der Behang in Schweden entstanden,
oder nach einem schwedischen Bildkarton in den Niederlanden gewirkt? In letzterem Falle
müßten sich Rechnungsbelege über die immerhin bedeutende Ausgabe vorfinden. Für die

27 Göbel, Wandteppiche III, 2.

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