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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0227
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Schweden

Industrie zu schützen und zu fördern. Ausländische Lehrmeister werden berufen, die sich
verpflichten müssen, schwedische Lehrlinge in ihrem Handwerk zu unterweisen, Arbeits-
prämien werden ausgesetzt, Gelder zum Ankauf guter Modelle zur Verfügung gestellt usw.
Die Textilindustrie erfreut sich in erster Linie der Fürsorge der herrschenden Partei. Die
Vorbedingungen zur Gründung namhafter Wirkereibetriebe sind gegeben. Trotzdem haftet
allen noch so gut gemeinten Versuchen der Makel des Experimentes an. Eine Verbindung
mit der alten, wenn auch primitiven Heimwirkerei ist ebensowenig zu spüren, wie das
Bestreben, aus dem Erfolg und Mißerfolg der voraufgegangenen Unternehmungen etwas
zu lernen.

1743 befürwortet der sog. Geheime Ausschuß des Reichstages die Berufung eines unbe-
kannt gebliebenen schwedischen (?) Wirkers für die Einrichtungsarbeiten des Schlosses.
Weiteres ist nicht bekannt. In dem gleichen Jahre läßt sich der Franzose Antoine Pignan,
der sich zuvor in Dänemark betätigte, in Stockholm endgültig nieder. Die Schloßbaukom-
mission gewährt ihm einen nennenswerten Vorschuß und stellt Beihilfen für die Lehrlings-
ausbildung in Aussicht. Das kleine Atelier hat 1747 drei Gezeuge in Betrieb und beschäftigt
sich zunächst mit der Herstellung von Möbelgarnituren. Das Unternehmen — durch einen
Brand geschädigt — schlägt nicht ein; 1752 hat der Meister nur noch ein Gezeug im Gange.
Die Petitionen um geldlichen Zuschuß — zuletzt im Mai 1756 — häufen sich, ohne
ein Ergebnis zu erzielen, das Atelier verschwindet ruhmlos von der Bildfläche.

Weit mehr Interesse bezeugt die Schloßbaukommission den beiden Wirkern Esprit Serre
und Pierre Louis Duru; das Vertrauen der maßgebenden Herren wird durch die vorgelegten
Proben — Stuhlbezüge nach Entwürfen des schwedischen Malers Johan Pasch — erheb-
lich gestärkt. Duru ist Hautelissier, Serre beherrscht die Basselisse-Technik und betreibt die
Färberei. An Duru zahlt der sog. Manufaktur-Fond 1746 einen Jahressold von 600 D. S.;
seinem Fachgenossen Serre werden, außer den Zureisekosten, Lehrlingsbeihilfen in Aus-
sicht gestellt. Duru ist Franzose und hat nach seiner eigenen Aussage zuvor in den Gobe-
lins gearbeitet — tatsächlich war er vordem als Geselle bei Francois Leger in Kopenhagen
tätig, hatte sich dann als „Tapetenfabrikant" in Berlin niedergelassen, aus der königlichen
Kasse einen ansehnlichen Vorschuß empfangen und war stillschweigend verschwunden
(s. Abschnitt Kopenhagen und Berlin) —, sein Landsmann Serre verläßt 1744 gleichfalls
Berlin, um nach Stockholm überzusiedeln. 1746 nimmt Duru einen golddurchwirkten
Thronhimmel, nach Entwürfen von Jean Erik Rehn (gest. 1793) in Angriff; als Gehilfe
steht dem Meister der von ihm ausgebildete, am 18. November 1732 in Väddö (Uppland)
geborene, an Geldmitteln unbeschwerte Per Hilleström zur Seite8). Die Arbeit befriedigt die
Schloßbaukommission in hohem Maße; in dankbarer Anerkennung läßt sie (1749) dem
Meister 120, seinem Mitarbeiter 180 Kupfertaler überweisen. Die Fertigstellung des wert-
vollen Stückes verzögert sich bis zum Jahre 1753: Durus Interesse erlahmt, er gibt sich
einem liederlichen Leben hin und verstirbt 1753; die Hauptlast liegt auf den Schultern des
jungen Hilleström, der nach eigener Aussage reichlich die Hälfte des Thronhimmels allein
durchführt. Die Wirkerei befindet sich noch heute*im Besitze der Königl. Hausgerätekam-
mer: Löwen bewachen des Reiches Hoheitszeichen mit den drei Kronen (Abb. 169);
Rocaillen, mit Blumenwerk verbrämt, rahmen das Mittelstück. Die Abhängigkeit in Ent-
wurf und Durchführung von den beiden großen französischen Manufakturen der Gobelins
und Beauvais' ist unverkennbar. Naturgemäß ist das technische Können des jungen Hille-
ström noch verhältnismäßig schwach. Von Hilleströms Hand stammen ferner drei Sessel-
bezüge mit Episoden aus den Lafontaineschen Fabeln (1749 unter Leitung Durus durch-
geführt), Seitenbehänge (1753/54) und das Rückstück des Thronhimmels (1755), sowie
die Bezüge des Thronsessels (1754/56), die Wirkereien sind leider verschollen. Mit einer
weniger bedeutenden Porträtarbeit (1755) — wahrscheinlich das Bildnis des Oberintendan-

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