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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0226

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Schweden

kaum anzunehmen, daß die Arbeiten seiner letzten Lebensdezennien von besonderer Bedeu-
tung gewesen sind.

Von 1615 bis 1688 ruht der einheimische königliche Wirkereibetrieb; die Herrscher
Schwedens erwerben die benötigten umfangreichen Serien in den Niederlanden, in Frank-
reich und Deutschland, vornehmlich in Lübeck.

II. Die Manufakturen im 17. Jahrhundert. Carlberg.

1688 gründet die fromme Königin Ulrike Eleonore, die Gattin König Karls XL, einen
kleinen Wirkereibetrieb auf Schloß Carlberg. Drei finnische Edeldamen übernehmen die
Leitung. Die Organisation weicht wesentlich von der der zeitlich voraufgegangenen schwe-
dischen Ateliers ab. Der Zweck des Unternehmens fußt nicht auf der Heranziehung auslän-
discher Meister; die Gründung steht lediglich im Zeichen der Menschenliebe der Fürstin.
Ausschließlich junge Mädchen aus dem Carlberger Waisenhause gelangen zur Einstellung.
Die Technik beschränkt sich auf das tieflitzige Verfahren. Die rein wirtschaftliche Leitung
übernehmen Anna Maria Schmilau und Catharina von Hacken. Karl XL fördert das Unter-
nehmen auch nach der geliebten Gattin Ableben (1693); der Betrieb hat 1695 seine Pforten
geschlossen.

Die Erzeugnisse der Wirkerinnen auf Schloß Carlberg sind naturgemäß an Zahl gering.
Die Mädchen beginnen 1688 mit der Kopie der Meleagerserie aus dem Brüsseler Atelier des
Jan Leyniers; die Folge war ein Bestand des Brautschatzes der Königin, die Teppiche
befanden sich zuvor in Dänemark7). 1689 ist das erste Stück vollendet — Meleagers Mutter
Althaea zieht das verhängnisvolle Scheit, das das Leben des Sohnes verbürgt, aus den Flam-
men zurück —, die Signatur lautet CARLBERG • Ao 1689 • AMR; es folgen „Meleager beut
Athalante das Haupt des erlegten Untiers dar" (CARLBERGA ■ 1690 ■ A ■ M • R ■); „Althaea
übergibt das Scheit den Flammen" (CARLBERG Ao 1691 • A • M ■ R -, Abb. 168 a); „die
Jagd auf den kalydonischen Eber" (CARLBERG • Ao 1694 ■ AMR); Technik und Durch-
führung stehen gegenüber dem Brüsseler Vorbild zurück.

Im Nachlaß der Königin Ulrike Eleonore findet sich weiterhin eine nicht näher erläuterte
kleinfigurige Serie „in Carlberg gefertigt" — fünf Behänge, 45/8 brabantische Ellen hoch,
3V8, 3V2, 63/8, 43/8, 53/8 zusammen 223/4 Ellen lang — sowie eine Geschichte des Tobias
(zwei Teppiche mit ll5/8 Ellen). Die Stücke sind verschollen.

III. Die Manufakturen des 18. Jahrhunderts. Antoine
Pignan. EspritSerre. Pierre Louis Duru. P. Hilleström.

Ein Wiederaufleben der Bildwirkerei erfolgt, wenn auch nur in bescheidenen Formen
und unter anderen Voraussetzungen als in der Wasazeit, im 18. Jahrhundert. Von starkem
Einfluß sind die sozial-politischen Tendenzen der sogenannten Freiheitszeit unter Leitung
der „Hutpartei". Nach dem Brande des Schlosses (1697), der nicht nur die alte Burg, son-
dern auch den von Karl XL neu erbauten nördlichen Flügel zum großen Teile zerstörte, voll-
zogen sich die Aufbauarbeiten während der Unglücks jähre zu Beginn des 18. Jahrhunderts,
nur sehr langsam. Erst 1727, nach Genehmigung der sog. Schloßbeihilfe durch den Reichs-
tag und der Ernennung der Schloßbaukommission, kommt Leben in den Betrieb. Die
„Hüte", die führende politische Partei, zeigen das eifrigste Bestreben, die einheimische

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