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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0169

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B. 16. Jahrhundert.

I. Die Sheldon-Werkstätten zu Barcheston

und Bordesley.

1. Urkundliche Belege.

Die bedeutendsten Werkstätten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind die von
William Sheldon in Barcheston (Grafschaft Warwick) und Bordesley (Grafschaft Wor-
cester) ins Leben gerufenen Betriebe9). William Sheldon, der Besitzer ausgedehnter Lände-
reien, ist ein klar denkender Kopf. Weniger künstlerische als vielmehr national-ökonomi-
sche Momente leiten den geschäftstüchtigen Mann. Das Kodizill (28. September 1570) seiner
letztwilligen Verfügung spricht sich unzweideutig über seine Beweggründe aus. Seine Ma-
nufakturen sind in erster Linie „a meane to störe great sums of money within this Realm
(England) that will issue and go out of this Realm for the same commodities to the main-
tenance of the foreign p'ties and to the hindrance of this Commonwealth"10). William Shel-
don verfolgt mit Ingrimm die gewaltigen Summen, die Jahr für Jahr für den Ankauf von
Wandteppichen, gewirkten Decken und Kissenbezügen in das Ausland, vornehmlich in die
Niederlande, abwandern. Er will einen Riegel vorschieben und gründet ein Textilunterneh-
men, das sich nicht nur mit der Herstellung von Wirkereien, sondern auch mit der Erzeu-
gung mechanischer Webereien und Stoffe („tapestry, arras, moccadoes, carolles, plometts,
grograynes, sayes and sarges") befaßt. Die Gedankengänge, die William Sheldon leiten11),
sind durchaus nicht neu, sie lassen sich in der Geschichte der Bildwirkerei von den frühe-
sten bis zu den spätesten Zeiten immer und immer wieder feststellen. Wie in anderen Fällen
kommt der Wunsch hinzu, der einheimischen, namentlich ärmeren Bevölkerung, eine ge-
eignete Tätigkeit zu verschaffen. Daß das Bestreben Sheldons in den maßgebenden Kreisen
des Hofes Anerkennung und Unterstützung fand, beweist unzweideutig der Ausspruch des
allmächtigen Robert Dudley, des Earl of Leicester (1571): „J marvail you do not devise
some ways amongst you, to have some speciall trade to kepe your poor on work as such
as Sheldon of Beolys weh my thinkith, should not only be very proffitable, but also a means
to kepe your poore from Idelnes"12).

William Sheldon legt besonderen Wert darauf, möglichst nur Engländer in seinen Textil-
betrieben zu beschäftigen und die Ausländer (Niederländer) baldmöglichst auszuscheiden.
Er ist der festen Überzeugung, daß ihm das Verdienst zufällt, zum ersten Male in Eng-
land eine Wirkereimanufaktur größeren Umfanges ins Leben gerufen zu haben. Er nennt
den technischen Leiter Richard Hyckes, auf den wir noch zu sprechen kommen, „the
only author and beginner of this Art within this Real m". Sheldon
schwebt also nicht die geringste Erinnerung an ein früheres englisches Wirkereiunterneh-
men vor — und seinen Zeitgenossen geht es nicht anders.

Mitbestimmend für Sheldon ist letzten Endes noch der Wunsch, seine neuerworbenen
Landhäuser in gebührender Weise mit seinen eigenen Erzeugnissen auszustatten, ein
Wunsch, der naturgemäß maßgebend für die Wahl des Manufakturortes sein mußte.

William Sheldon, of Beoley (Grafschaft Worcester), erwirbt am 21. November 1534

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