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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0033

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D. Niederrhein.

1. Köln a. Rh. Wesel.

a) Urkundliche Belege.

Die Bildwirkerei des 16. Jahrhunderts, soweit Köln in Frage kommt, ist in ihren Einzel-
heiten verworren, in ihren Erzeugnissen reichlich ungeklärt. Dabei ist der Reichtum des
Kölner Patriziates gegenüber dem anderer führender Städte des Reiches unverhältnismäßig
groß. Der Rat erläßt mehrfach Verordnungen, die Gaffelhäuser an festlichen Tagen mit
,,tapeten" zu behängen; die Vorschrift kehrt noch 1623—1630 in den „Morgensprachen"
gelegentlich der Pfarrkirchprozession wieder. Selbstverständlich war nur ein kleiner Teil
dieser Tapezereien Kölner Erzeugnis; die Hauptmasse stellten die großen Wirkereibetriebe
der Niederlande.

Die Bildwirker Kölns gehörten wahrscheinlich der Caffa- und Kiffmacherzunft (Weber)
an, nur in den seltensten Fällen erscheint der vollausgeschriebene Name in den Urkunden
der Stadt. Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts rekrutieren sich die Kölner Wirker aus
eingewanderten Flamen; die Berufsbezeichnung „legwirker". die sich mit dem flämisch-
brabantischen „legwerker" deckt, läßt in ihnen ausgesprochene „basselissiers", Meister am
tiefschäftigen Gezeug, erkennen. Im Gegensatze zu dem „Brauche" in den Niederlanden,
der Frauen bereits im 14. Jahrhundert von der Bildwirkerei ausschließt, finden wir in
Köln zu Beginn des 16. Jahrhunderts hin und wieder weibliche Namen: Tringen Leck-
wirkers (1510), Giertgen Leckwirker (1520). Der Familienname fehlt in der Regel auch bei
den Männern: Frank Leekwirker (1513), Dierich Leckwirker (1530) usw. In allen Fällen
scheint es sich um Kleinbetriebe gehandelt zu haben, die sich mit der Anfertigung einfacher
Kissenblätter und Wappendecken befaßten. Eine Ausnahme macht Johann Tapetenmee-
ker, der 1523 in dem Bürgeraufnahmebuch als Johann Bruessel aus Brüssel erscheint, des-
sen Frau (uxor Johanns Tapetenmeekers) 1524 in dem Protokollbuch des Amtsleute-
gerichts (fol. 1886) genannt wird, der wohl mit dem Johann (John) von Brussell, der sich
noch am 22. September 1559 in den Kölner Ratsprotokollen findet1), identisch ist. Schon die
Tatsache, daß er als Bürger figuriert, läßt darauf schließen, daß es sich um einen vermö-
genden Mann gehandelt haben muß, der einem nennenswerten Betriebe vorstand. Aus dem
Vornamen Rückschlüsse auf ein Mitglied der Brüsseler Wirkerzunft zu ziehen, erscheint
reichlich unsicher; die Zahl der Jan aus Brüssel, die infolge ihrer Treue zu Luthers Lehre
sich bereits in den zwanziger Jahren des 16. Säkulums unangenehmen Glaubensverhören
unterziehen müssen, ist allzu groß. Wahrscheinlich handelt es sich um den gleichen Mei-
ster Johann von Brüssel, der 1533 mit Bischof Wilhelm III. von Honstein (Zabern im
Elsaß) in Verhandlungen steht: „Hatt m. gn. herr herrn Kilian Ruprecht zu Cöln geschry-
ben, bey dem würcker zu cöln anzuhalten, seiner fürstl. gnaden das verdingt tuch zu
machen"2). Leider wird das Motiv der Darstellung nicht erwähnt. Wann die Werkstatt von
Brüssels erlischt, ist mit Sicherheit nicht festzustellen, ebensowenig, ob Meister Johann mit
dem späteren Wolfenbütteler Wirker Boldewin von Brüssel in verwandtschaftlichen Be-
ziehungen steht.

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