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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0015

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IV. Mittelrhein.

1. Frankfurt a. M. Mainz. Hessen. Mainfranken.

a) Urkundliche Nachrichten.

Die Handelsmetropole Frankfurt, die einen starken Textilienumschlag auf ihren be-
rühmten Messen von alters her verzeichnet, birgt, wie in den voraufgegangenen Jahrhun-
derten, auch im 16. Säkulum eine beachtenswerte Anzahl von privaten und rein handwerk-
lich eingestellten Wirkereibetrieben in ihren Mauern.

Schon die Nachlaßaufstellungen der Frankfurter Patrizier aus den ersten Jahrzehnten
des 16. Jahrhunderts beweisen, daß die Freude der Frauen und Töchter alteingesessener
Geschlechter an selbstverfertigten Kissenblättern, ja auch an größeren Wirkereien, nicht er-
loschen ist. Das 1524 nach dem Tode (1524) des Großkaufmanns Claus Stalburg, genannt
• der Reiche (1469—1524), niedergelegte Inventar unterscheidet genau zwischen niederlän-
dischen und einheimischen Wirkereien. Als deutsche, wahrscheinlich Frankfurter Erzeug-
nisse dürften gelten: ,,ein gewirckt bankduch mit willen (wilden) mennern und tier" —
also ähnlich den Basler Wirkereien aus der Mitte des 15. Säkulums —, „Item noch ein mit
gewirckten menner, narren, frauwen, vnd han spitz schue" — wohl aus der gleichen Zeit-
spanne oder dem endenden 15. Jahrhundert —, „Item noch eins, gets vber die menner;
Item 1 gewirckt rickduch, oben mit wölken vnd engel vnd sust bild; Item noch 1 rickduch
mit blendung hat oper (über) sin wapen Artus und Twyn; item 1 grün banckduch, grün in
grün; Item 1 bild mit garten vnd dier drin hat oben hinden linnen listen". Es folgen die
einfachen, sicher im Hausbetrieb hergestellten Banktücher „gel in schwartz", „rot in gel
(gelb)", „rot vnd blo", „blau in bla", „leberfarb vnd grün" usw.1).

Weniger klar scheidet das Nachlaß Verzeichnis (16. Dezember 1564) des Großkaufmanns
Hans Bromm die niederländischen und sonstigen Wirkereien. Nur die Motive der aufge-
zählten Behänge ermöglichen gewisse Rückschlüsse. Deutschen Ursprungs sind wahr-
scheinlich ein altes Rücktuch „mit allerley gediers", 2 alte Banktücher „gewurckt mit keini-
gen (Königen) vnd schritten, zusammen genehet"; ein neu gewirktes Rücktuch „mit kinni-
gen vnd vielen reymen oder schritten"; „ein lang Rücktuch gewirckt, mit alten Bildern vnd
Schriften, darauf eine Burg oder Haus, 1 blau gemein wollen Decktuch", ferner ein „klei-
nes mit Königen vnd allerlei Tieren", ein Rücktuch mit Drachen, ein ähnliches längeres
Stück mit einer Burg und „altfränkischen Bildern, oben mit Wolken und Reimen" usw. In
einer alten Truhe im Sterbehaus am Roßmarkt liegen u. a. „ein schmal grün gewirkt Bank-
tuch, darauf der Brommen Wappen", ein anderes Stück mit seltsamem „gediers". Der ein-
zige Herkunftsvermerk findet sich hinsichtlich des alten grün in grün gewirkten Bam-
berger Decktuches. „Itzt ein dischdeppich." Schon die beiden Aufstellungen lassen mit
genügender Klarheit erkennen, welche Art Wirkereien in Frankfurt beliebt waren und zum
erheblichen Teil auch dort gefertigt wurden: Wappen Wirkereien, sei es in Gestalt von
Banklaken, Tischteppichen oder Kissen; Blumenteppiche mit Menschen und Tieren, lange
niedrige Behänge erzählenden Inhalts mit Spruchbändern, in geringerem Maße religiöse
Darstellungen, Gebrauchsteppiche einfacher Art in verschiedenen Farben „daruff blumen".

1 Göbel, Wandteppiche III, 2.

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