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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0240
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C. Dänemark.

I. Die Manufaktur Helsingor.

Die in ungewöhnlichem Umfange vorgesehene textile Ausstattung des großen Saales von
Schloß Kronborg legte König Friedrich II. den Gedanken nahe, den bislang gewählten Weg,
die kostbaren Folgen durch Zwischenhändler in den Niederlanden zu erwerben, zu
verlassen und eine eigene Landesmanufaktur ins Leben zu rufen. Thomas Tenniker reist
1577 im Auftrage seines königlichen Herrn nach Brabant, seine Bemühungen sind von
Erfolg gekrönt. Hans Knieper tritt als Hofmaler und Patronenzeichner, Anthonius de Corte
(de Goech) als Leiter der Bildwirkerateliers laut Vertrag vom 19. Juli 1577 in den dänischen
Dienst1). Der Maler stammt aus Antwerpen — Johannes de Antwerpia —, auf den Wirker
— ob verwandt mit den van der Goes? — trifft wahrscheinlich das gleiche zu, sofern nicht
Brüssel, der Hauptort der niederländischen Bildwirkerei, als Heimat in Frage kommt. Die
Werbe- und Überführungskosten sind nicht unbeträchtlich: Meister Anthonius erhält zu-
dem 260 Taler Vorschuß zum Einkauf von Rohmaterialien — Seide, Wolle, Kettgarn —;
Hans Knieper begnügt sich mit 30 Talern zum Erwerb der erforderlichen Farben und des
benötigten Patronenpapiers. Ende des Jahres 1577 trifft die Belegschaft in Helsingor ein, die
Zahlungen laufen ab 24. Dezember. Außer de Corte stehen acht Teppichwirkergesellen in
königlichem Dienst; die in den Zollrechnungsbelegen gebuchten Beträge für Verpflegung
und Quartier lassen über die Einzelheiten keinen Zweifel. Die Bezüge sind durch den An-
stellungsvertrag eingehend geregelt; der Modus vom 19. Juli 1577 erfährt insofern eine
Ergänzung, als die Abmachungen vom 12. und 22. Februar 1578 eine Sondervergütung für
die seeländische Quadratelle neugefertigter Wirkereien zusichern. Hans Knieper bezieht als
Hofmaler und Patronenzeichner der neugegründeten Manufaktur einen Jahressold von
100 Talern, zuzüglich des üblichen Hofkleides; daneben besteht Sonderbezahlung für die
abzuliefernden Arbeiten — 3 „Orts Taler" für die Quadratelle Bildteppichvorlage2). Zu-
nächst ist Knieper fast ausschließlich für die Bildwirkerei beschäftigt; Nebenaufgaben fal-
len ausdrücklich fort, als Ersatz werden dem Meister die Gestellung kostenloser Wohnung
und Steuerfreiheit zugesichert3). Das vertragliche Verhältnis erfährt sehr rasch eine ein-
schneidende Veränderung; Anthonius de Corte segnet bereits am 11. März 1578 in Helsingor
das Zeitliche. Der König sieht von der Einstellung eines selbständigen, Knieper koordinierten
Atelierleiters ab; „Maler Hans" übernimmt durch Erlaß vom 9. April 1578 die verantwort-
liche Leitung der Werkstatt gegen eine Jahresvergütung von 100 Kronen. Bereits am vor-
aufgegangenen Tage leistet er Quittung über 500 Rdlr. „til Indkjob af allehaande Silke og
flamsk Gjorn til Tapetserie"; eine weitere Überweisung (200 Rdlr.) erfolgt unter dem
12. April 1578; ähnliche Belege finden sich mehrfach in den folgenden Jahren, ohne daß
der in Arbeit befindlichen Stücke eingehender Erwähnung getan wird. Die Gesellen des
verstorbenen de Corte scheinen den dänischen Dienst zum Teil quittiert zu haben; Knieper
reist nach den Niederlanden, einesteils um Rohmaterialien einzukaufen, andernteils um
neue Hilfskräfte anzuwerben. Der ihm zu diesem Zweck gewährte Vorschuß soll später auf
die abzuliefernden Wirkereien verrechnet werden. Sieben Gesellen, zumeist verheiratet
(fünf Frauen), und ein Jungbursche, treffen in Helsingor ein; in verhältnismäßig kurzer

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