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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0097
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Dentſchlands Kunſtſchätze. 57

unfehlbar Euch vorſchlagen wird: den Maler Petro de Moha, welcher erſt vor Kurzem aus England
gekommen iſt. Er wohnt im Hauſe des Grafen.“

„Ihr nennt da einen Mann, an den ich bereits gedacht habe“, ſagte Jacinto, indeß ſein Geſicht
einen ſehr befriedigten Ausdruck annahm. „Ich bin überzeugt, daß Ihr in ganz Sevilla keinen
paſſenderen Begleiter zu finden vermögt.“ ;

„Woher kennt Ihr den Fremden?“ fragte Beatrix verwundert.

„Ich habe auf die einfachſte Art ſeine Bekanntſchaft gemacht“, antwortete Jacinto. „Der Abt
ſtellte uns den Pedro de Moya vor und kündigte an, daß der Meiſter ſich die Erlaubniß erbitte:
Einen von den Brüdern als San Pedro von Amiens zu malen.“

„Als den Einſiedler? Den kriegeriſchen Führer des erſten Kreuzzuges? Wahrlich, er hätte kein
herrlicheres Modell als Euch wählen können. Und er malte Euch?“

„Er iſt noch damit beſchäftigt, und ich werde wirklich mit meinem Portrait dem Bilde de
Moya's, „Peter von Amiens predigt vor Papſt Urban IL das Kreuz“, Ehre machen.“

„Merkwürdig!“ dachte Beatrix. „Nachdem Jacinto Alles verloren, Alles aufgegeben hat, was
ihn noch an die ſündige Welt feſſelte, iſt ſeine Eitelkeit auf ſeine Perſon ſo unverſehrt geblieben,
wie die Männer im feurigen Ofen.“

Es bemächtigte ſich ihrer der Gedanke, daß de Moya einen ſehr feinen Vorwand gefunden
habe, um ſich mit ihrem Beichtvater in Verbindung zu ſetzen, und ein blitzſchneller Verdacht ſtieg
in ihr auf, daß Pedro dadurch den erſten Schritt gethan habe, um ſich ihr langſam, aber ſicher zu
nähern. ;

„Ich glaube, daß der Herr de Moya als mein Begleiter die entſetzlichſte Eiferſucht des armen
Bartolome erregen würde, und in der That vermuthet er jetzt ſchon, nachdem ich einmal mit jenem
Künſtler geſprochen habe, daß er mir für die Folge nicht gleichgiltig bleiben wird.“

„Poſſen! De Moya iſt ein kaltblütiger, ernſter Mann, ein guter Degen, der nach nichts
weniger, als nach Verlieben ausſieht. Und was die Eiferſucht Don Bartolome's betrifft, ſo würde
derſelbe wo möglich auf ſeinen Vater eiferſüchtig werden, wollte dieſer Euch escortiren. Uebrigens
werdet Ihr ja nicht ankündigen, wer Euch begleitet, denke ich.“

Donna Beatrix verfiel in Nachdenken.

„Hat Don Pedro erwähnt, daß er mit Don Bartolome und mir bei dem Grafen de Villa-
manrique zuſammentraf?“ fragte ſie.

„Nein, liebe Tia!“ antwortete Carabella mit ſeinem offenen, argloſen Blick. „Er ſchien
offenbar noch nicht zu begreifen, daß Beatrix einen ſehr beſtimmten Punkt bei ihrer Frage im Auge
hielt. Aber Ihr ſcheint gegen de Moya nicht beſonders freundlich geſtimmt zu ſein. . .. Oder
ſolltet Ihr eine Empfindung haben, als wenn Euch der Cavalier gefährlich werden könnte?“

„Nein“, erwiederte die Dame kalt, indeß ſie ſich erhob. „Seid von der Güte, hochehrwürdi-
ger Pater, und bittet ihn vielmehr, daß er mich morgen ſchon nach Eurem Schloſſe im Gebirge
geleiten möge. Hört Ihr, ſchon morgen; denn“, fügte ſie halblaut hinzu, „übermorgen könnte ich
mich wieder anders entſchloſſen haben.“

Wir dürfen nicht erſt bemerken, daß Pedro de Moya richtig von Beatrix beurtheilt wor-
den war. Er hatte nicht falſch gerechnet, als er ſich an ihren Beichtvater wandte; denn der vor-
malige Graf hatte ihm, ohne noch dazu aufgefordert zu ſein, einen ſehr weſentlichen Dienſt geleiſtet.

Deutſchlands Kunſtſchätze. 8
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