Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0066
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
36 Deutschlands Kunstschatze.
Herrn den Vorrang abzugewinnen versuchte. Contmarini in seiner schwarzen Robe sah wie ein
Geistlicher aus — ein feiner grauer Kopf, edel und schlau blickend, wie die Senatoren von San
Marco auf Tizian's Bildern.
Mit einer raschen Bewegung wandte sich Ludwig XIV. au dem armeu Mignard.
„Das Bild ist Euch geraubt worden?"
„Ja, Sire, ich bin so unglücklich gewesen . . ."
„Aber Ihr wißt hoffentlich, wer der Dieb ist?"
„Sire. .."
„Wie viel hat man Euch bezahlt, damit Ihr Euch geduldig bestehleu ließet .. ?"
„Sire, auf meinen Knieeu flehe ich Euch an . . ."
„Ihr werdet das Bild oder den Dieb fchaffen — Ihr werdet nicht weit zu fachen Haben."
Der König wandte sich um und Laroche trat rasch vor, um die Schulter des Malers zu be-
rühren und den Wankenden in's Vorzimmer zu geleiteu.
„O, ich bin unschuldig, Herr Graf!" rief Mignard.
„Ich glaube es geru! Ich denke ebenso, wie der lächelnde Venetianer ... II ^u ä68 ksrnursZ
lu äeäuus ... Kommt, faßt Muth... Man wird Euch im CHLtelet kein Leid zufügen . . ."
Stumm und starr ging Mignard zur Wache der Mousquetaires, wo er warten mußte, bis
eine fest verschlossene Kutsche ihn aufnahm, die von zwei Gardes zu Pferde geleitet wurde. Er
ward den Huissiers des Polizeimeisters überliefert und sah jetzt die Bastille, Pignerol, Vincennes
und Plessis vor seinen Augen einen Chorreigen aufführen; denn es war Gewißheit für ihn, daß er
in Ketten und Bande geschlagen werde.
Polizeimeister war damals ein Sire Duchambeau, ein Edelmann aus einer Familie der ju-
ristischen Robe von Roueu, berühmt wegen ihres Tribunals und ihrer Schinken, welche letzteren
dem Polizeimeister den Spitznamen: „Du Jambou" verschafft Hatten.
Duchambeau, ungeheure Prifen nehmend, war so höflich, seine bis zur Ungebührlichkeit feiste
Person von dem curulisesten Sitze zu erheben und den Maler freundlich zu begrüßen. Dann sank
er mit schwerem Aechzen zurück und griff zur Feder.
„Hier, Monsieur Mignard", sagte er, seine dichten weißen Brauen saft völlig über die scharfen,
grauen Aeugelein herabziehend, liegt eine bereits mit Eurem Namen versehene Dottre ck6 eaeliet
ro^ul ... Nun, nun, Ihr braucht da uicht gleich den Sanct Veitstanz zu bekommen ... Es ist
nahe und auch weit von hier bis zur Bastille, je nach dem man seinen Marsch wählt. Ihr steckt
da in einem fatalen Falle; aber ich denke, daß ich Euch herausholen werde, wenn Ihr vernünftig
seid ... Gebt Eure Haut nicht für andere Leute zum Besten, sage ich... Du tibi p>roxüuu8 68,
Schont Niemand — der König wird es Euch daukeu ..."
Lange Pause.
„Habt Ihr Euch gesammelt, Monsire?"
„Ich bin bereit, Herr Duchambeau!" sagte Mignard. „Gott verzeihe mir; aber ich glaube
Signor Gherardesca, Niccolo mit Vornamen, der neue Balletdirector ist der Dieb des Eiloes!"
Der Beamte nahm ein Signalement des Italieners auf.
„Er war als Bettler maskirt, ein Tuch um den Kopf.. ."
____!
 
Annotationen