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Michelangelo.
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in den Gestalten der Auferstandenen ein Heer bedeutender und gewaltiger Bildungen entstehen lassen.
Nur in unverhüllten Leibern ließen sich seine Gedanken verkörpern, und so bevölkerte er sein Bild
mit nackten Figuren in allen möglichen Bewegungen und Stellungen, Verkürzungen und Gruppi-
rungen, denen mehr die Lust am Schaffen und an der Schönheit der bloßen Form als die Be-
dingung ihrer Stellung im Ganzen zum Dafein verhalfen. Wiederum mifcht sich hier ein manie-
ristischer Zug ein; und wenn man von einem nachtheiligen, geradezu verderblichen Einfluß Michel-
angelos auf die nachfolgende Künstlergeneration zu sprechen berechtigt ist, so muß man hier die
hauptsächlichste Quelle dieses Einflusses suchen. Das war ein Weg, den der Meister betreten
konnte, aber ein Weg, der die schwächeren Geister in seinem Gefolge nur zum Scheitern führen konnte.
Die Nacktheiten auf einem religiösen Bilde in einer Capelle erregten übrigens fortwährend
viel Anstoß. Schon während des Malens empörte sich Biagio von Cesena, der Ceremonieumeister
des Pabstes, darüber, und wurde zur Strafe von Michelangelo in die Hölle versetzt, aus der Pabst
Paul dem Bekümmerten keine Erlösung bringen zu können erklärte. Paul IV. aber weniger
nachsichtig war fest entschlossen, das ganze Bild herunterschlagen zu lassem Mit Mühe erlangte
man die Duldung desselben an heiliger Stätte, unter der Bedingung, daß Daniele da Volterra,
Michelangelo's Schüler, die ausfallendsten Blößen mit Gewändern bedeckte, wofür er den Spott-
namen Braghettone (Hosenmacher) bekam. Auch später verfiel frömmelnde Deeenz mehrfach auf
dasselbe Auskunftsmittel, um die noch übriggebliebenen Anstößigkeiten nach und nach zu beseitigen.
Mitten in die Jahre der Arbeit am Weltgericht siel ein für Michelangelo wichtiges Ereigniß,
seine Bekanntschaft mit Vittoria Colonna. Sein Hang zu Melancholie und Einsamkeit ist
schon erwähnt. „Ich habe keine Freunde, brauche keine und will keine haben", schrieb er in jungen
Jahren von Rom aus nach Hause. Daß er je in seinem Leben wirklich geliebt, ist mindestens
zweifelhaft. Wir sind aus diese Frageu seines inneren Lebens als Quelle auf einen Schatz hinge-
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seine
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zeit
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Deutsch
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eröffnet werden darf, seine Gedichte. Wenn er in
wie ein Halbgott, wie ein übermenschliches Wesen,
ist er verständlicher, ist er Mensch, der große, gewal-
in gedankenhaft ernster und schwungvoll schöner
ganze Geschichte seines inneren Lebens liegt in diesen
lichen ist ihr Verlauf schon geschildert bei der Dar-
ischen Akademie. Selten nur wird der ideale Lauf
Individuellem und Besonderem unterbrochen. In
hört Michelangelo zu den größten Dichtern Italiens,
güsse in problematischer Form, die ein gewisses Jnter-
sondern sie sind an und für sich hoch bedeutend und
cker den bezeichnendsten Erscheinungen der Renaissance-
rfchaft, von den Qualen des Verlangens, aber nie von
des Genusses; und wenn er begeistert die Geliebte
-es Wesen, sondern das Ideal, das seine Seele erleuch-
üm seinen Weg. Widerwärtigkeiten aller Art Hatten
ülle des Greisenalters, doch noch voll kühner Entwürfe,
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in den Gestalten der Auferstandenen ein Heer bedeutender und gewaltiger Bildungen entstehen lassen.
Nur in unverhüllten Leibern ließen sich seine Gedanken verkörpern, und so bevölkerte er sein Bild
mit nackten Figuren in allen möglichen Bewegungen und Stellungen, Verkürzungen und Gruppi-
rungen, denen mehr die Lust am Schaffen und an der Schönheit der bloßen Form als die Be-
dingung ihrer Stellung im Ganzen zum Dafein verhalfen. Wiederum mifcht sich hier ein manie-
ristischer Zug ein; und wenn man von einem nachtheiligen, geradezu verderblichen Einfluß Michel-
angelos auf die nachfolgende Künstlergeneration zu sprechen berechtigt ist, so muß man hier die
hauptsächlichste Quelle dieses Einflusses suchen. Das war ein Weg, den der Meister betreten
konnte, aber ein Weg, der die schwächeren Geister in seinem Gefolge nur zum Scheitern führen konnte.
Die Nacktheiten auf einem religiösen Bilde in einer Capelle erregten übrigens fortwährend
viel Anstoß. Schon während des Malens empörte sich Biagio von Cesena, der Ceremonieumeister
des Pabstes, darüber, und wurde zur Strafe von Michelangelo in die Hölle versetzt, aus der Pabst
Paul dem Bekümmerten keine Erlösung bringen zu können erklärte. Paul IV. aber weniger
nachsichtig war fest entschlossen, das ganze Bild herunterschlagen zu lassem Mit Mühe erlangte
man die Duldung desselben an heiliger Stätte, unter der Bedingung, daß Daniele da Volterra,
Michelangelo's Schüler, die ausfallendsten Blößen mit Gewändern bedeckte, wofür er den Spott-
namen Braghettone (Hosenmacher) bekam. Auch später verfiel frömmelnde Deeenz mehrfach auf
dasselbe Auskunftsmittel, um die noch übriggebliebenen Anstößigkeiten nach und nach zu beseitigen.
Mitten in die Jahre der Arbeit am Weltgericht siel ein für Michelangelo wichtiges Ereigniß,
seine Bekanntschaft mit Vittoria Colonna. Sein Hang zu Melancholie und Einsamkeit ist
schon erwähnt. „Ich habe keine Freunde, brauche keine und will keine haben", schrieb er in jungen
Jahren von Rom aus nach Hause. Daß er je in seinem Leben wirklich geliebt, ist mindestens
zweifelhaft. Wir sind aus diese Frageu seines inneren Lebens als Quelle auf einen Schatz hinge-
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eröffnet werden darf, seine Gedichte. Wenn er in
wie ein Halbgott, wie ein übermenschliches Wesen,
ist er verständlicher, ist er Mensch, der große, gewal-
in gedankenhaft ernster und schwungvoll schöner
ganze Geschichte seines inneren Lebens liegt in diesen
lichen ist ihr Verlauf schon geschildert bei der Dar-
ischen Akademie. Selten nur wird der ideale Lauf
Individuellem und Besonderem unterbrochen. In
hört Michelangelo zu den größten Dichtern Italiens,
güsse in problematischer Form, die ein gewisses Jnter-
sondern sie sind an und für sich hoch bedeutend und
cker den bezeichnendsten Erscheinungen der Renaissance-
rfchaft, von den Qualen des Verlangens, aber nie von
des Genusses; und wenn er begeistert die Geliebte
-es Wesen, sondern das Ideal, das seine Seele erleuch-
üm seinen Weg. Widerwärtigkeiten aller Art Hatten
ülle des Greisenalters, doch noch voll kühner Entwürfe,
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