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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0254
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Correggio.
Neben die vier Namen Lionardo, Michelangelo, Raphael und Tizian stellt das all-
gemeine Bewußtsein einen fünften: Correggio, und schließt mit diesem den Kreis der Maler
ersten Ranges in den Blütetagen der italiänischen Renaissance. Die drei ersten gehören jener
Richtung der italiänischen Kunst an, die ihre Wurzeln in Florenz hat und hernach in Rom sich ihren
Schauplatz gründet. Eine zweite ganz verschiedene Richtung ist die venetianische, die in Tizian
ihren Höhepunkt erreicht, und welche theils die florentiner ergänzt, theils im Gegensatz zu ihr steht.
Antonio Allegri, genannt Correggio, tritt dagegen wieder ganz unabhängig und selbständig
neben jeder der beiden großen Schulen auf. Keine jener Hauptstädte des geistigen wie politischen
Lebens in Italien war die Stätte seiner Entwickelung und seines Schaffens. Sein Geburtsort
Correggio, der ihm seinen Beinamen gab, ist ein Städtchen in Oberitalien, nicht weit von Reggio,
damals Resirenz eines kleinen Fürstenhofes, und das nahe gelegene Parma, eine mäßige Provin-
zialstadt, zu jener Zeit erst den Herzögen von Mailand, dann dem päpstlichen Stuhl unterworfen, sah
seine Hauptwerke entstehen. Die Stellung des Künstlers war nicht nur räumlich, sondern auch
zeitlich eine isolirte. Die anderen großen Meister, die wir nannten, stehen auf dem Gipfel einer
großen künstlerischen Entwicklung, die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt herangewachsen war; Correggio
dagegen, möchte man sagen, beginnt mit sich selbst. Diese Jsolirtheit bringt es mit sich, daß es
lange währte, bis ihm allgemein die Geltung zutheil ward, die ihm gebührt. Das große Kuust-
leben Italiens nimmt geraume Zeit keine Notiz von ihm. Die Bewohner von Parma mußte erst
Tizian auf die Schönheit seiner großen Kuppelbilder aufmerksam machen. Annibale Carracci,
in einem sechsundvierzig Jahre nach Correggio's Tode geschriebenen Briefe bedauert den Künstler, daß er,
der mehr als ein Mensch, der ein verkörperter Engel gewesen, in einer Stadt habe verkommen müssen,
wo man an nichts Anderes als Essen, Trinken, Liebschaften denke, wo er nicht verstanden, nicht bis
zu den Sternen erhoben werde. Vasari, der noch Correggio's Zeitgenosse war, giebt dankenswer-
then Bericht über viele seiner Werke, aber weiß von ihm persönlich wenig genug. Er erzählt im
allgemeinen von dürftigen Verhältnissen, was durch neuere urkundliche Forschungen vollständig
widerlegt worden ist, er fügt mancherlei Fabeln bei, wie solche auch in anderen älteren Autoren
austauchen. Schließlich bedauert er, daß er Corregio's Bildniß nicht habe erlangen können, weil
weder ein Anderer, wegen seines zurückgezogenen Lebens, noch er selbst, weil er keine große Meinung
von sich gehabt, es je gemalt. — Und dabei müssen wir gleich einschalten, daß auch das hier bei-
gefügte Portrait keinen Anspruch auf Echtheit machen kann. Erst spätere Zeiten fühlten das Be-
dürfnis, sich die Züge des großen Meisters zu vergegenwärtigen, und da tauchten dann verschiedene
Köpfe auf, die man ohne Grund und Beweis für sein Bildniß ausgab.
Antonio's Geburtsjahr scheint als 1494 festzustehen. Sein Vater, Pellegrino Allegri,
war ein Kaufmann in ganz guten Vermögensverhältnissen. Die künstlerische Ausbildung des
Sohnes scheint früh begonnen zu haben. In Correggio selbst lebte ein Oheim, der Maler war,
 
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