Gabriel Metsu.
Durch die Ungunst der alten Biographen, der er freilich auch die Freiheit von übler Nachrede
zu danken hat, ist von Gabriel Metsn's Leben wenig und meist Falsches überliefert worden, und
Hat sein Ruhm nicht die Höhe erreicht, die seinem herrlichen und vielseitigen Talente zukommt.
Das gewöhnlich angegebene Geburtsjahr ist wie das Todesjahr (1615 und 1658 oder bald darauf)
falsch. Metsu wurde erst 1630 zu Leyden geboren, wurde im März 1648 in die S. Lucas-Gilde
seiner Vaterstadt ausgenommen, siedelte einige Jahre darauf nach Amsterdam über und starb dafelbst
nach 1667, bis zu welchem Jahre datirte Bilder vorhanden sind. (Die Jahreszahl 1667 steht auf
dem kleinen Portrait einer Dame in ganzer Figur in der Galerie van Loon zu Amsterdam.)
Ueber seinen Lehrer in der Malerei fehlen die bestimmten Angaben, doch läßt sich sein Bil-
dungsgang aus seinen Werken mit ziemlicher Sicherheit bestimmen. Er hat unzweifelhaft, bevor er
nach Amsterdam kam, in dem nahe seiner Vaterstadt gelegenen Haerlem den Unterricht des Frans
Hals genossen. Darauf weisen seine frühesten Bilder mit Entschiedenheit hin, so namentlich ein
Portraitgruppenbild mit vier lebensgroßen Figuren, zu Utrecht im Privatbesitz; und noch ein Haupt-
bild aus seiner besten Zeit, das Bohnenfest, in der münchener Pinakothek, zeigt den Einfluß jenes
Meisters. — Schon früh jedoch folgte Metsu dem größeren Meister, dem Rembrandt, dessen
Kunstweise sich in gewissen Bildern seiner mittleren Periode deutlich als Vorbild erkennen läßt.
In diesen behandelt er historische Gegenstände; doch zeigt er bereits gleichzeitig in Genrebildern,
deren geistreiche Lichtwirkung an seine Mitschüler Pieter deHooghe und Jan van de Meer von
Delft erinnert, seine eigenthümliche und hohe Begabung für diese Richtung. Von 1656 an etwa
läßt sich die Zeit seiner selbständigen Meisterschaft datiren. Er nahm mit einer seltenen Vielsei-
tigkeit die Anregungen seiner bedeutendsten Zeit- und Kunstgenossen, des Terburg, des Jan Steen
und des Dov, in sich auf und verarbeitete sie mit genialer Gewalt zu widerspruchsloser Einheit.
„Metsu", sagt W. Bode treffend und erschöpfend, „Hat Rembrandts Principien am consequen-
testen in der Genremalerei durchgeführt, und ihm gebührt deshalb neben J. Steen der erste Platz
unter den Genremalern Hollands ... Durch alle seine Gemälde geht derselbe große Zug^ in der
Auffassung: sie alle durchweht der Hauch des tiefsten Gefühls, des heitersten Friedens. Seine
Figuren aus den niederen Ständen sind gleich fröhlich bei der Arbeit, wie bei den Freuden der
Tafel und der Liebe; — seine Scenen aus den höheren Kreisen geben den vollsten Reiz einer vor-
nehmen Eleganz, ohne den kalten Hauch des Salontons, seine Familienbildnisse führen uns bei der
feinsten Charakteristik in eine zufriedene, in sich abgeschlossene Welt; — und in den Darstellungen
eines bewegten Lebens zeigt er entweder den gutmüthigsten Humor oder, wenn er die tragische Seite
des menschlichen Lebens berührt, die tiefste Empfindung, jedoch frei von moderner Sentimentalität. —
Seiner Auffassung entspricht seine Behandlung und Ausführung: er ist in seiner Zeichnung der
vollendetste unter den holländischen Genremalern; die Composition ist meist sehr gewählt und von
classischer Ruhe, jedoch stets ungesucht; obgleich er in der detaillirten Ausführung in manchen Bildern
selbst G. Dov nichts nachgiebt, bleibt seine Pinselführung doch stets frei und leicht; sein Colorit
ist warm und lebendig; in der harmonischen Zusammenstellung der Localfarben steht er auf gleicher
Höhe mit G. Terburg, aber er übertrifft denselben durch das wunderbare Helldunkel, in welches
er die dargestellten Gegenstände zu hüllen weiß." L. ^1-
Durch die Ungunst der alten Biographen, der er freilich auch die Freiheit von übler Nachrede
zu danken hat, ist von Gabriel Metsn's Leben wenig und meist Falsches überliefert worden, und
Hat sein Ruhm nicht die Höhe erreicht, die seinem herrlichen und vielseitigen Talente zukommt.
Das gewöhnlich angegebene Geburtsjahr ist wie das Todesjahr (1615 und 1658 oder bald darauf)
falsch. Metsu wurde erst 1630 zu Leyden geboren, wurde im März 1648 in die S. Lucas-Gilde
seiner Vaterstadt ausgenommen, siedelte einige Jahre darauf nach Amsterdam über und starb dafelbst
nach 1667, bis zu welchem Jahre datirte Bilder vorhanden sind. (Die Jahreszahl 1667 steht auf
dem kleinen Portrait einer Dame in ganzer Figur in der Galerie van Loon zu Amsterdam.)
Ueber seinen Lehrer in der Malerei fehlen die bestimmten Angaben, doch läßt sich sein Bil-
dungsgang aus seinen Werken mit ziemlicher Sicherheit bestimmen. Er hat unzweifelhaft, bevor er
nach Amsterdam kam, in dem nahe seiner Vaterstadt gelegenen Haerlem den Unterricht des Frans
Hals genossen. Darauf weisen seine frühesten Bilder mit Entschiedenheit hin, so namentlich ein
Portraitgruppenbild mit vier lebensgroßen Figuren, zu Utrecht im Privatbesitz; und noch ein Haupt-
bild aus seiner besten Zeit, das Bohnenfest, in der münchener Pinakothek, zeigt den Einfluß jenes
Meisters. — Schon früh jedoch folgte Metsu dem größeren Meister, dem Rembrandt, dessen
Kunstweise sich in gewissen Bildern seiner mittleren Periode deutlich als Vorbild erkennen läßt.
In diesen behandelt er historische Gegenstände; doch zeigt er bereits gleichzeitig in Genrebildern,
deren geistreiche Lichtwirkung an seine Mitschüler Pieter deHooghe und Jan van de Meer von
Delft erinnert, seine eigenthümliche und hohe Begabung für diese Richtung. Von 1656 an etwa
läßt sich die Zeit seiner selbständigen Meisterschaft datiren. Er nahm mit einer seltenen Vielsei-
tigkeit die Anregungen seiner bedeutendsten Zeit- und Kunstgenossen, des Terburg, des Jan Steen
und des Dov, in sich auf und verarbeitete sie mit genialer Gewalt zu widerspruchsloser Einheit.
„Metsu", sagt W. Bode treffend und erschöpfend, „Hat Rembrandts Principien am consequen-
testen in der Genremalerei durchgeführt, und ihm gebührt deshalb neben J. Steen der erste Platz
unter den Genremalern Hollands ... Durch alle seine Gemälde geht derselbe große Zug^ in der
Auffassung: sie alle durchweht der Hauch des tiefsten Gefühls, des heitersten Friedens. Seine
Figuren aus den niederen Ständen sind gleich fröhlich bei der Arbeit, wie bei den Freuden der
Tafel und der Liebe; — seine Scenen aus den höheren Kreisen geben den vollsten Reiz einer vor-
nehmen Eleganz, ohne den kalten Hauch des Salontons, seine Familienbildnisse führen uns bei der
feinsten Charakteristik in eine zufriedene, in sich abgeschlossene Welt; — und in den Darstellungen
eines bewegten Lebens zeigt er entweder den gutmüthigsten Humor oder, wenn er die tragische Seite
des menschlichen Lebens berührt, die tiefste Empfindung, jedoch frei von moderner Sentimentalität. —
Seiner Auffassung entspricht seine Behandlung und Ausführung: er ist in seiner Zeichnung der
vollendetste unter den holländischen Genremalern; die Composition ist meist sehr gewählt und von
classischer Ruhe, jedoch stets ungesucht; obgleich er in der detaillirten Ausführung in manchen Bildern
selbst G. Dov nichts nachgiebt, bleibt seine Pinselführung doch stets frei und leicht; sein Colorit
ist warm und lebendig; in der harmonischen Zusammenstellung der Localfarben steht er auf gleicher
Höhe mit G. Terburg, aber er übertrifft denselben durch das wunderbare Helldunkel, in welches
er die dargestellten Gegenstände zu hüllen weiß." L. ^1-