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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0313
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Eglon van der Aeer.
Eglon Hendrik van der Neer wurde 1643 zu Amsterdam als der Sohn des ausgezeich-
neten Landschaftsmalers Aart (oder Aert -— Artus) van der Neer geboren. Von diesem Letzteren
selber wissen wir, was sein Leben betrifft, sehr wenig. Er erblickte 1619 (nach einigen schon 1613
oder 1615) aller Wahrscheinlichkeit nach zu Amsterdam, wo er viele Jahre lebte, das Licht der
Welt und starb ebendaselbst nach der gewöhnlichen Angabe 1683 (oder 1684); doch wird er noch
1691 in einem Verzeichniß der zu Rotterdam lebenden Maler aufgezählt. Sein Meister sowie
das Detail seiner Lebensschicksale ist unbekannt. Er wurde ohne einen erheblichen Vorgänger der
unübertroffene Vertreter einer sehr poetischen und malerisch wirksamen Gattung der Landschafts-
malerei: feine meist nicht sehr umfangreichen, aber sehr sorgfältig ohne Peinlichkeit und in meister-
lichem Jmpasto gemalten Bilder stellen fast ansschließlich holländische Ansichten mit Wasser in einer
magischen Beleuchtung (durch die untergehende Sonne, den Mond und Feuersbrünste) dar. Man
Hat die Motive seiner Bilder in der Landschaft zwischen Amsterdam und Utrecht wieder erkennen wollen.
Dieser treffliche Künstler war der erste Lehrer seines Sohnes; und man erkennt seinen Einfluß
wenn auch nicht an der Behandlung so doch an der Stoffwahl mehrerer Bilder des Letzteren, die
dem Landschaftsfache angehören. Nachher studirte Eglon van der Neer bei dem Portrait- und
Historienmaler Jacob van Loo (1614—1670) die Figurenmalerei. Er folgte, etwa zwanzig
Jahre alt, diesem seinem Meister nach Paris, wo seine Gemälde großen Beifall fanden und ihm ein
Engagement bei dem Grafen von Dona verschafften.
Nach drei- oder vierjährigem Aufenthalt kehrte er nach Holland zurück und fand nun wohl
erst Muße und Gelegenheit, die Mal- und Kunstweise Netscher's und des Frans van Mieris
ibestimmend auf sich einwirken zu lassen. Er wohnte nach einander in Rotterdam, Brüssel und Düssel-
dorf, wo er an dem kunstliebenden Kurfürsten der Pfalz Johann Wilhelm, dem Stifter der
(1805 nach München gekommenen) düsseldorfer Gemäldegalerie, einen ausgezeichneten Gönner
fand. Er führte auch den Ehrentitel eines Hofmalers des Königs von Spanien.
Van der Neer hatte aus drei Ehen eine zahlreiche Nachkommenschaft. Er starb zu Düsseldorf
am 3. Mai 1703.
Außer den schon erwähnten Landschaften hat er Gemälde verschiedener Art, besonders kleine
Genrebilder gemalt; er steht aber an Fruchtbarkeit wie an künstlerischer Vollendung seinen Vor-
bildern Dov und Mieris nach. Sein Lieblingsgegenstand sind elegant gekleidete Damen bei
irgend einer Beschäftigung oder Unterhaltung; doch auch aus den niederen Ständen nimmt er ge-
legentlich seine Motive. Er malte auch gute Bildnisse. Die Ausführung seiner Gemälde ist sehr
fleißig, manchmal bis in's Kleinliche. Er ist geschmackvoll im Arrangement, hat aber nicht den
feinen Schönheitssinn Netschers. Seine Farbe ist harmoüisch, aber die Harmonie ist kühler, als
bei feinen Vorgängern; weshalb man wohl — in Uebereinstimmung mit dem verstorbenen G. F.
Waagen — ein dem Mieris zugeschriebenes Bild in Dresden, eine die Laute spielende Dame mit
ihrem Lehrer darstellend, der sehr kühlen Haltung wegen ihm zuzuweisen berechtigt ist. Gute un-
zweifelhafte und meist bezeichnete Bilder finden sich in München, Dresden, Paris, Amsterdam und
an anderen Orten. Doch gehört er im Allgemeinen zu den selteneren Meistern. L. U.

Deutschlands Kunstschätze. II.

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