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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0141
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Deutschlands Kuustschätze. 93
Schweigen.
„Was Hat Er denn, Chodowiecky. Ich habe mir von ihm eine ganz andere Idee gemacht.
Er ist ja ein Hypochonder! Damit komme Er mir nicht — in dieser Branche bin ich selbst stark
genug. Aber ich sehe es schon. Er will von dem Prinzen Leopold nichts hören. Sage Er doch
die Wahrheit!"
„Majestät, ja; das Geschick des Prinzen hat mir eine schwere Stunde bereitet. Aber diese,
Majestät, ist die schwerste meines Lebens."
„Weiß Er das so genau, wie schwer ihm der Tod werden wird ?"
„Sire, ich fürchte den Tod nicht!"
„Ja, Er kennt ihn wohl noch nickt ordentlich! Der Tod ist neugierig und pflegt sich nack
allen dummen Streichen des Sterbenden zu erkundigen. Was gedenkt Er pur exemple zu ant-
!Worten, wenn er Ihn fragt, warum er damals nicht die Bestellung als erster Maler der Porzellan-
fabrik angenommen Hat?"
„Ach, Sire, ich war damals ein Pfuscher und der Titel Director würde mich zu keinem Meister
gemacht Haben."
„Wenn Er sich selbst despectirlich beurtheilen will, so habe ich gar nichts dagegen; aber des
Prinzen Leopold Urtheil soll er nicht anfechten und dieser hat den Graveur oder Radirer der
Dose stets für einen großen Meister gehalten. Weiß Er wohl, daß mein armer Neveu diese Dose
in der Tasche hatte, als man ihn todt aus der Oder zog?"
Der König schlug die Mappe auf — es lagen einige Abdrücke eines Bildnisses des Prinzen
Leopold darin, welches Chodowiecky mehrere Jahre früher gezeichnet und gestochen hatte.
„Er hätte es damals nicht verweigern müssen", sagte der König, „den elfjährigen kleinen Kerl
zu portraitiren; Er hätte meine Fabrique als Künstler souteniren müssen — dann hätte sich
Gotzkowsky halten können und ich wäre weiter mit der Porcellans-Geschichte gekommen, an welche
ich außer meiner immerwährenden Sorge die schweren Hunderttausende verwendet habe. Aber Er,
Chodowiecky, wollte partout ein Käsehändler oder etwas Aehnliches werden und ist's am Ende doch
nicht geworden!"
„Euer Majestät, der Mensch denkt und Gott lenkt!"
„Ja, ja, dem wird Vieles in die Schuhe gegossen! Sage Er, Chodowiecky, wie Er sich von den
Buch- und Kunsthändlern hat drücken lassen müssen!"
„Leider war das der Fall, Sire!"
„Er hat manches Mal kein Brod im Hause gehabt; ich weiß das!"
„Niemand kann gegen sein Schicksal, Sire!"
„Das ist eine Redensart; man muß unter allen Umständen mit allen Kräften seine Schuldig-
keit thun! Er hat damals, wie ich meine und wie sich durch Seine späteren Leistungen ergeben hat,
aus einer unbegründeten Bescheidenheit Seine Schuldigkeit nicht gethan und ist dafür der Kneip-
zange anheimgefallen, die Er das Schicksal nennt. Es ist nur gut, daß Er sich doch noch am Ende
tapfer durch seine eigene Kraft in die Höhe gebracht hat!"
„Majestät, meine eigene Kraft würde mehrmals und zwar im entscheidenden Augenblicke
nicht genützt haben, um mich oben zu erhalten."
„LK Kien, wer Hat Ihm denn secundirt?" fragte Friedrich, den Künstler groß ansehend
 
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