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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0257
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Kimstter-Diographien. 25
Lorenzo, aber sein Andenken ist uns eigentlich nur durch eine drollige, für seinen Künstlerruf etwas
zweideutige Bemerkung in einem Buche des sechzehnten Jahrhunderts bewahrt:.... „Gleich einem
,unserer Maler von Correggio mit Namen Meister Lorenzo, der einen Löwen darstellen wollte, aber
eine Ziege malte, und darunter die Inschrift fetzte: ein Löwe". Bei diefem könnte Antonio höchstens
die Anfangsgründe gelernt haben. Dagegen scheint eine ältere Ueberlieferung, sein Meister sei
FrancescoBianchi, genannt Frari, im benachbarten Modena gewesen, durch dessen Madonnenbilv
im Louvre bestätigt, das mit den frühesten Werken unseres Meisters, namentlich mit der Madonna
des heiligen Franciscus in Dresden, nahen Zusammenhang zeigt. Freilich war Antonio da Correggio
erst sechzehn Jahre alt, als Bianchi im Jahre 1510 starb, aber seine Entwicklung war eine zeitige.
Dann wirkte vor Allem einer der mächtigsten Künstlergeister der italiänischen Frührenaissance auf ihn
ein, einer von Denen, die bis unmittelbar zur Schwelle der höchsten Blütezeit des sechzehnten Jahr-
Hunderts vorgedrungen: Andrea Mantegna. Mantua, die kunstreiche Residenz des Herrscher-
geschlechtes Gonzaga — von seiner Heimat nicht zu weit entfernt — war offenbar die Quelle für
Correggio's wichtigste künstlerische Anregungen, obwohl sein Aufenthalt dafelbft nicht urkundlich
nachweisbar ist, und nur feine Werke dies entfe lieden zeigen.
Andrea Mantegna war freilich bereits 1506 gestorben, aber seine Schöpfungen, die großen
Wandmalereien in Kirchen und Palästen, die Altarbilder, standen als leuchtende Beispiele da. Es
!war keine verwandte, sondern eher eine entgegengesetzte Natur, die er hier vor sich sah, aber seinem
erregbaren, heitern, empfindungsreichen Wesen imponirte jene kühle Großartigkeit und Strenge, die
alle Kunst auf festes Wissen gründete. Von diesem Vorbilde eignete er sich die durchgebildete Zeich-
nung, die Meisterschaft der Verkürzung, die Fähigkeit, den Gestalten volle Rundung zu geben, an,i
ihm dankt er seine glänzenden perspektivischen Kenntnisse, ihm dankt er Alles, was er von der For-
imenwelt des Alterthums kennt. Manchmal scheinen aber auch Einflüsse der Lombardischen Schule
des Lionardo da Vinci bei Correggio zu walten, obwohl nicht weiter nachweisbar ist, wie und
woher er sie erfuhr. An jenes Lächeln der Grazie, das Lionardo über jugendliche Frauenköpfe
gießt, erinnert die selige, zauberische Heiterkeit, welche Correggio's Grundstimmung bleibt, und auch
die Ausbildung des Helldunkels, die sein eigenstes Werk ist, knüpst an Lionardo's Bestrebungen an.
Das erste Bild, durch welches Antonio sich als Meister bewährte, wurde 1514 für das
Minoritenklofter San Francesco in seiner Vaterstadt gemalt; es ist die erwähnte Ma-
donna mit dem heiligen Franciscus, welche mit der modenesischen Sammlung in die Dres-
dener Galerie gekommen. Hier zeigen sich alle die Einflüsse, die er empfangen hat, verarbeitet.
Daß dieses Bild an Bianchi erinnert, haben wir gesehen, im Ausdruck der Hauptfiguren
mahnt vieles an Lionardo, die heilige Jungfrau streckt die segnende Hand ganz in derselben Art
aus wie Mantegna's Madonna della Vittoria, damals in Mantua, jetzt in Paris. Dennoch treten
bereits ganz neue Elemente auf; wenn auch noch die hergebrachte Würde des Altarbildes in der
Composition waltet, so sprengt doch schon Correggio's eigenthümliche Erregtheit die Fesseln, an
Stelle der ernsten kirchlichen Andacht tritt ein neuer Zug beseligter Schwärmerei. — Aus den
nächsten Jahren ist als eins der schönsten religiösen Bilder die Verlobung der heiligen Katharina
mit dem Christuskinde, jetzt im Louvre, hervorzuheben, dessen holde Heiterkeit schon Vasari ausruseu
ließ, die Köpfe feien im Paradiese gemacht.
Bis 1518 war Correggio's Thätigkeit an die Heimat geknüpft, um diese Zeit wurde ihm

Teutschlands Kunstschätze H-

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